Konsequenzen für NSU-Prozess: Pflichtverteidiger-Wechsel ist schwer

Beate Zschäpe wirft im NSU-Verfahren ihre Pflichtverteidiger raus. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Krise in München.

Nun ohne Zschäpe-Mandat: Heer, Sturm, Stahl. Bild: reuters

Braucht Beate Zschäpe überhaupt Verteidiger?

Ja. Da ihr ein Verbrechen vorgeworfen wird (Mittäterschaft an den Morden der Terrorzelle NSU), liegt ein Fall der notwendigen Verteidigung vor. Das heißt: Wenn Zschäpe keinen Wahlverteidiger engagiert hat oder bezahlen kann, muss ihr der Staat einen Pflichtverteidiger zuordnen und notfalls auch bezahlen. Wegen der Komplexität des Prozesses sind es im Fall von Zschäpe sogar drei Pflichtverteidiger. Sie hat diese auch selbst ausgewählt.

Kann Zschäpe die Pflichtverteidiger wechseln?

Ein Anspruch auf Ablösung der Pflichtverteidiger besteht nur, wenn das Vertrauensverhältnis „aus der Sicht eines vernünftigen und verständigen Angeklagten endgültig und nachhaltig erschüttert ist“, entschied der Bundesgerichtshof 2004. Dass Zschäpe mit der bisherigen Verteidigungsstrategie – Schweigen und In-Frage-Stellen – nicht mehr zufrieden ist, dürfte aber kaum genügen. Zschäpe kann ihre Anwälte schließlich beauftragen, mit ihr nun eine Aussage vorzubereiten.

Würde der Prozess bei einem Verteidigerwechsel platzen?

Nein. Ein Verteidiger muss – anders als ein Richter – nicht während des gesamten Prozesses anwesend sein. Deshalb gibt es im NSU-Prozess Ersatzrichter und Ersatzschöffen, aber keinen Ersatzverteidiger. Bei einem Verteidigerwechsel müsste den neuen Anwälten allerdings Zeit gegeben werden, sich in das komplexe Verfahren und den bisherigen Verfahrensablauf einzuarbeiten.

Wie lange kann ein Strafprozess unterbrochen werden?

Grundsätzlich ist eine Unterbrechung von drei Wochen möglich. Wenn der Prozess länger als zehn Verhandlungstage läuft, wie beim NSU-Verfahren, darf die Pause einen Monat dauern. Längere Pausen können durch „Überbrückungstermine“ kaschiert werden. Dann wird einfach irgendetwas vorgelesen.

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