Kontrolle der Ausgaben: Lauter kleine Missstände

Mit Dutzenden kleinlichen Beispielen demonstriert der Rechnungshof den Bremer Behörden, dass ihnen jemand genau auf die Finger sieht.

Das große Spiel ums Kleingeld. Bild: dpa

BREMEN taz | Der Rechnungshof hat, wie jedes Jahr, seinen Jahresbericht vorgestellt. 230 Seiten dick. Auch diesmal sucht man vergebens nach skandalträchtigen Enthüllungen und millionenschweren Einspar-Vorschlägen.

Die Polizei könnte das „Bewegungsgeld“ bei jenen Polizeibeamten sparen, die nur teilweise oder gar nicht in privater Kleidung dienstlich unterwegs sind – das wären jeweils 12,27 Euro im Monat. Bei den Ausgaben für „City-Marketing“ – rund eine Millionen Euro im Jahr – gibt es keine nachvollziehbaren Nachweise über die Wirkung der Ausgaben. Und so weiter. Lauter kleine Probleme. Angesichts dessen könnte man fragen, ob der Apparat der Rechnungshofkontrolle nicht unter dem Strich selbst unwirtschaftlich ist.

Natürlich wäre das eine falsche Vergleichsrechnung. Denn die geringe Skandaldichte des Rechnungshofberichts könnte genauso darauf hinweisen, dass die Behörden diese Kontrollinstanz ernst nehmen – und schon im Vorfeld Missstände, deren Untersuchung droht, abstellen. Die wenigen Beispiele, die am Ende für den Jahresbericht übrig bleiben, zeigen dann vor allem, wie hartnäckig diese Behörde bei ihren Prüfungen ist, auch bei kleinen Summen.

Da ist zum Beispiel die staatliche Bäder-Gesellschaft. Sie unterhält zwei Solarien. Das Bundesamt für Strahlenschutz warnt aber vor Solarien. Ein „öffentliches Interesse“ an ihnen kann somit nicht bestehen, argumentiert der Rechnungshof. Warum werden die Solarien der Bäder GmbH dann durch Zuschüsse der Stadt subventioniert? Auch der Fitness-Club der Bädergesellschaft macht den privaten Clubs Konkurrenz. Wie kann es sein, dass die Bäder-GmbH „Zuwendungen für Investitionen in das Fitnessstudio“ erhalten hat?

Die Sozialbehörde wiederum fördert Träger, die Menschen berät, denen Obdachlosigkeit droht. So weit, so gut. Aber es gibt Träger, die bekommen dafür 579 Euro, andere nur 299 Euro pro Fall. Ohne dass die Behörde genauer prüft, ob diese Unterschiede gerechtfertigt sind.

Oder die Fehler des Jobcenters bei der Buchung von Geldern für die „Erstausstattung“ von Hilfebedürftigen. Da finanziert Bremen etwas, wofür der Bund zuständig wäre. Das Sozialressort hat dem Rechnungshof nach der Prüfung im Jahre 2013 „zugesagt, mit dem Jobcenter ein Verfahren zu klären, wie künftig Fehlbuchungen zu ermitteln und zu korrigieren sind“. Aber, so heißt es im Rechnungsbericht weiter, das Problem sei schon seit 2008 bekannt. Und nichts sei seitdem passiert.

Mit Dutzenden solcher kleinen Beispiele hat der Rechnungshof nun seine Hartnäckigkeit unter Beweis gestellt.

Auch bei Ermessensentscheidungen guckt der Rechnungshof genau hin. Zum Beispiel hat die Behörde des Umweltsenators ein Wohnungsbaugebiet an der Diedrich-Wilkens-Straße ausgewiesen und vorfinanziert – bis heute haben Wohnungsbaugesellschaften nicht angebissen. Warum? Diese Fläche in Hemelingen ist von Bahn- und Fluglärm heftig betroffen, Kaffee Jacobs stinkt je nach Windrichtung herüber und zum Überfluss sind auch Boden und Grundwasser belastet – die Silberwarenfabrik stand da früher und wenige Hundert Meter weiter die Kunststoffchemie-Firma Molan. Beiden Firmen hat die Stadtgemeinde netterweise ihre Grundstücke samt tickenden Zeitbomben im Boden abgenommen. Gesundheits- und Arbeitsbehörde haben vor Jahren schon vor der Idee gewarnt, dort Wohnungsbau zu planen. Was sagt der Umweltsenator heute zu seiner Rechtfertigung? Auch in Obervieland werden Grundstücke mit heftigem Fluglärm von Häuslebauern gekauft.

Letztes Beispiel: die Spielbank. Die Umsätze der Spielhöllen gehen seit Jahren zurück: Seit 2003 haben sie sich halbiert. Die Finanzbehörde, die einmal 80 Prozent der Bruttospielerträge für gute Zwecke abkassiert hat, hat ihre Abgaben auf bis zu 25 Prozent reduziert, um den Spielhöllen unter die Arme zu greifen. Die Summe der Abgaben, die im Jahre 2003 einmal stolze 16,8 Millionen Euro ausmachten, sank bis 2013 auf 2,8 Millionen. Aber die Kosten für die staatliche Spielbankaufsicht – bei der Finanzsenatorin gibt es dafür zwölf Mitarbeiter – blieben mit 1,2 Millionen Euro konstant.

Bei der Prüfung der Finanzlage hat der Rechnungshof festgestellt, dass Bremen den „Sanierungspfad“ bisher einhalten konnte – aufgrund der wachsenden Steuereinnahmen einerseits und des niedrigen Zinsniveaus andererseits. Weniger signifikant ist dagegen der Effekt struktureller Spar-Entscheidungen.

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