„Konzertierte Aktion“ der Regierung: Ouvertüre gegen Inflation

Mit einer „konzertierten Aktion“ will die Koalition gegen steigende Preise vorgehen. Doch selbst der Kanzler dämpfte erstmal die Erwartungen.

Eine Menschengruppe

Konzertiert: Kanzler Scholz (Mitte), DGB-Chefin Fahimi und Arbeitgeberpräsident Dulger Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Die Ouvertüre verlief harmonisch: Über zwei Stunden traf sich Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag mit Ge­werk­schaf­te­r:in­nen, Ver­tre­te­r:in­nen von Wirtschaftsverbänden und Wis­sen­schaft­le­r:in­nen im Kanzleramt, um Maßnahmen gegen die steigende Inflation zu besprechen. Anschließend lobte Scholz den guten Auftakt der von „mir angeregten konzertierten Aktion“. Er hob allerdings hervor, dass die Krise nicht in wenigen Monaten vorüber sei. „Wir stehen vor einer historischen Herausforderung“, so der Kanzler. Beim ersten Treffen sei es zunächst darum gegangen, ein gemeinsames Verständnis für die aktuellen Inflationstreiber zu entwickeln. In den nächsten Monaten werde man dann gemeinsame Instrumente entwickeln.

Dieses gemeinsame Verständnis dürfte im Sinne der Gewerkschaften sein. Man sei sich einig, dass die Auslöser der gegenwärtigen Preissteigerungen ganz klar nicht die Löhne seien, sagte die DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi. Eine Diskussion über eine Lohn-Preis-Spirale in der derzeitigen Situation sei falsch, einseitig und faktisch nicht gegeben. Damit baute die Ex-SPD-Politikerin etwaigen Diskussionen über Lohnzurückhaltung schon mal vor.

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger bestätigte die Analyse. „Löhne sind aktuell kein Inflationstreiber.“ Er nannte vielmehr Energiekosten, Rohstoffknappheit und fehlende Vorprodukte durch unterbrochene Lieferketten. Man habe darüber gesprochen, wie man diese Probleme in den Griff bekomme, so Dulger. Hebel könnten etwa Entlastungen bei der Energiesteuer oder den Netzentgelten sein.

Sowohl Fahimi als auch Dulger hoben hervor, dass die Menschen die Preissteigerungen im Portemonnaie spürten und man über weitere Entlastungen sprechen müsse. Fahimi lobte zwar die beiden Entlastungspakete der Bundesregierung: Ein durchschnittlicher Arbeitnehmerhaushalt werde um etwa 1.000 Euro entlastet. „Das ist in jedem Fall hilfreich.“ Das reiche aber nicht, denn die monatlichen Belastungen gingen „deutlich darüber“ hinaus. Es bedürfe deshalb weiterer Gespräche, wie Energiekosten für Haushalte und Betriebe kleingehalten werden könnten.

„Wir haben eine Beseitigung der kalten Progression vorgeschlagen“, berichtete Dulger. Auch die Befreiung von Einmalzahlungen von Steuern und Sozial­versicherungsbeiträgen könne eine Option sein, so der Arbeitgeberpräsident. Das auszuhandeln sei Sache der Tarifparteien, „das passiert nicht im Kanzleramt.“ Die Bild am Sonntag hatte berichtet, dass die Regierung steuerfreie Einmalzahlungen statt Lohnerhöhungen anregen wolle. Im ARD-Sommer­interview dementierte Scholz, einen solchen Vorschlag gemacht zu haben.

Die Fraktionsvorsitzende der Linksfraktion im Bundestag Amira Mohamed Ali kritisierte die konzertierte Aktion als Schaulaufen im Kanzleramt, mit dem Scholz von seiner politischen Verantwortung ablenke. „Das Problem unserer Zeit sind zu niedrige Löhne und Renten, nicht zu hohe“, so Mohamed Ali.

Ein Gaspreisdeckel für private Haushalte, wie ihn die Linke und die DGB-Vorsitzende Fahimi forderten, würde dem Preiswahnsinn ein wirksames Stoppschild setzen. Fahimi hatte pro Person ein Grundkontingent an Energie mit Preisbindung vorgeschlagen. Aus dem Parteivorstand der Linken kam zu Jahresbeginn eine ähnliche Idee. Die Union unterstützt Scholz. „Es ist richtig, dass der Kanzler das zu seinem Thema macht“, sagte der stellvertretende Fraktionschef Jens Spahn. Der Vorstoß komme aber zu spät.

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