Kopftuchkonferenz an Uni Frankfurt: Kritik an Panelbesetzung

In Frankfurt soll eine Veranstaltung die verschiedenen Positionen zum Kopftuch beleuchten. Eine kleine Gruppe Studierender will das verhindern.

Frau mit Kopftuch

Nicht nur ein Kleidungsstück Foto: dpa

„Schröter raus“ – mit diesem Slogan protestiert eine Gruppe Studierender gegen eine geplante Tagung zur Rolle des muslimischen Kopftuchs an der Frankfurter Goethe-Universität. Sie fordern die Absage der Veranstaltung sowie die Entlassung der Veranstalterin, Susanne Schröter. Die Direktorin des Frankfurter Forschungszentrums Globaler Islam ist bekannt für ihre kontroverse Haltung zum Islam.

In der deutschen Debatte über den Islam ist das Kopftuch so etwas wie die Gretchenfrage. Für die einen ist es ein Symbol der Unterdrückung der Frau, andere widerum argumentieren, Kopftuchverbote seien ein Eingriff in die Selbstbestimmung von Frauen und bediene antimuslimische Stereotype.

Unter dem Titel „Das islamische Kopftuch – Symbol der Würde oder der Unterdrückung?“ sind für den 8. Mai nun sieben Referent*innen geladen. Mit dabei: Alice Schwarzer, die einen Input geben wird über den „Siegeszug des politisierten Islam, nicht zuletzt dank einer falschen Toleranz“. Publizistin und Terre-des-Femmes-Vorstand Necla Kelek wird über eine Kampagne der Organisation für ein Kopftuchverbot für Minderjährige sprechen. Schröter selbst wird einen Vortrag halten unter dem Titel „Repressive Ästhetik – das Kopftuch als Symbol des politischen Islam“.

Auch die Gegenseite ist auf dem Podium vertreten. Die Autorin Khola Maryam Hübsch, Mitglied der Ahmadiyya-Gemeinde und Trägerin eines Kopftuchs, hält einen Vortrag zur Frage, „was der Islam zu einem wirklich emanzipierten Frauenbild beitragen kann“. Und Dina El-Omari von der Universität Münster soll sich dem Thema theologisch annähern.

Debatte um Diskursraum

„Susanne Schröter ist schon in der Vergangenheit mit antimuslimisch-rassistischen Aussagen aufgefallen“, sagt Zuher Jazmati. Er studiert Politik des Nahen und Mittleren Ostens an der Uni Marburg und ist Teil der kleinen Gruppe „Uni gegen Antimuslimischen Rassismus“, die auf Instagram gegen die Tagung mobil macht. Spätestens seit Schröter selbst in den sozialen Medien auf die Kampagne aufmerksam gemacht hat, kocht die Diskussion in den sozialen Medien hoch.

„Mit dieser Tagung bietet sie solchen Positionen Platz im akademischen Raum und macht sie damit mehrheitsfähig“, sagt Jazmati. „Dem wollen wir uns widersetzen.“ Antimuslimische Angriffe würden in der Gesellschaft immer mehr zunehmen. „Da braucht es nicht auch noch eine angeblich akademische Begründung dafür, dass der Islam eine Bedrohung darstelle“, sagt er.

Schröter selbst findet die Forderungen der Studierenden „unterirdisch“. Wer eine solche Debatte verbieten wolle, der habe „nicht verstanden, was eine Universität ist und wie wichtig Meinungsfreiheit ist.“ Das Kopftuch halte sie „als systemisches Symbol für etwas Repressives“, sagt Schröter; „ohne, dass ich glaube, dass jede Frau mit Kopftuch unterdrückt ist.“ Ihr sei bewusst, dass sie einigen Menschen „auf die Füße trete“ mit ihrer Position. Dass sie mit solchen Diskussionen Rechten in die Hände spiele, will sie aber nicht gelten lassen.

Podiumsteilnehmerin mit differenzierter Kritik

Khola Maryam Hübsch hingegen kann die „Frustration der Studierenden“, wie sie sagt, gut nachvollziehen. „Ich finde das Podium nicht ausgewogen. Die Redezeit derer, die extreme Positionen gegen das Kopftuch vertreten, überwiegt“, sagt sie. Das habe sie auch den Veranstaltern mitgeteilt. „Susanne Schröter lässt sich und ihre Position im akademischen Milieu benutzen, um Ängste zu schüren und plumpe Klischees zu verbreiten“, sagt Hübsch. So weit, der Professorin Rassismus vorzuwerfen, will sie nicht gehen. „Aber ihre einseitige Fokussierung auf den ‚politischen Islam‘, und die Übertragung auf Muslime generell – das ist populistisch und sehr problematisch.“

Die Forderung, die Veranstaltung abzusagen oder Schröter gar zu entlassen, teilt Hübsch nicht. „Das geht zu weit, und da entsteht schnell der Eindruck, man wolle einen kritischen Diskurs unterbinden“, sagt sie. Die Debatte existiere nun mal, deswegen wolle sie sich ihr auch stellen. „Und meine Kritik dort auf dem Podium anbringen.“

Dass die Kampagne der Studierenden in eine kritischen Auseinandersetzung der Universität mit den Positionen Schröters führt, ist unwahrscheinlich. Für die Universitätsleitung kommt weder eine Absage der Veranstaltung noch ein Rausschmiss Schröters in Frage, der Instagram-Account der Studierenden wurde inzwischen gesperrt. Die Kampagne erweise der „berechtigten Kritik“ an der Professorin und ihren Gästen einen „Bärendienst“, schreibt der Islamwissenschaftler Fabian Schmidmeier auf Twitter. „Diffamierungskampagnen“ gebe es seitens „sogenannter ‚Islamkritiker‘ genug“, man solle sich nicht auf das „Niveau dieser Populisten begeben“ – und stattdessen hingehen und mit Argumenten zeigen, dass „Kelek und Co falsch liegen“.

Eren Güvercin, Vorstandsmitglied der Alhambra-Gesellschaft erklärte in dem sozialen Netzwerk, wenn man „zurecht populistische Forderungen nach einem Kopftuchverbot und die Dämonisierung des Kopftuchs durch einige Akteure“ kritisiere, dann „sollte man aber nicht die Diskursform dieser Akteure auch noch selber übernehmen und quasi ein Berufsverbot fordern“. Auch der ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete Volker Beck kritisiert die Forderung und stellt trocken fest: „Soviel Werbung für eine Tagung war selten.“

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