Korruption im Libanon: 300 Millionen Euro veruntreut
Der Ex-Chef der libanesischen Zentralbank, Salameh, darf auf Kaution in Rekordhöhe aus der Untersuchungshaft. Gegen ihn wird international ermittel.
Die Anklagekammer in Beirut hat die Freilassung gegen Kaution am Dienstag bewilligt. Richter Nassib Elia hatte dem Antrag auf Freilassung des ehemaligen Bankchefs stattgegeben. Ein Ausreiseverbot für ein Jahr und eine weitere Kaution von umgerechnet knapp 50.000 Euro sollen sicherstellen, dass Salameh zu anstehenden Anhörungen erscheint.
Der Richter habe medizinische Gründe genannt, heißt es aus dem Justizministerium. Die Grundlage für die Entscheidung zur Freilassung Salamehs sei der Bericht einer Kommission forensischer Ärzte. Der 75-Jährige leidet wohl unter Bluthochdruck und Lungenschäden.
Riad Salameh war 30 Jahre Zentralbankchef und hatte sein Amt Ende Juli 2023 niedergelegt. Er ist wegen mehrerer Finanzverbrechen angeklagt, darunter Veruntreuung öffentlicher Gelder, Steuerhinterziehung und Geldwäsche.
Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln
In einem Fall geht es um mehr als 40 Millionen Euro, die von einem Beratungskonto der Zentralbank angeblich als Provision für das Maklerunternehmen Optimum Invest auf private Konten überwiesen wurden. Die Konten sollen in Verbindung mit Salameh stehen. Ermittlungen gegen ihn laufen in mehreren europäischen Ländern, darunter Luxemburg, Frankreich und Deutschland. Ein Haftbefehl aus Frankreich hatte im September vergangenen Jahres zur Verhaftung geführt.
Laut Münchener Staatsanwaltschaft wurde ein Teil von geschätzten 150 Millionen Euro über eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln nach Europa geschleust und später weltweit in Immobilien investiert. In Deutschland sind Salamehs-Vermögenswerte von insgesamt 35 Millionen Euro beschlagnahmt worden: eine Immobilie in Hamburg, zwei in München und Anteile an einer Immobiliengesellschaft in Düsseldorf. Salameh behauptet, sein Vermögen stamme aus privaten Investitionen und seiner früheren Tätigkeit bei der US-Investmentfirma Merrill Lynch.
Der Ex-Zentralbankchef hat die immense Kaution noch nicht vollständig gezahlt, so Medienberichte. Sein Anwalt Marc Habka nannte die Höhe der Summe „illegal“. Die beiden beraten sich derzeit über nächste Schritte.
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