Korruption im Sport: Verbrecher unter sich

Staatspräsident Putin hat Fifa-Chef Infantino einen Orden überreicht. Sportfunktionäre werden aber nicht nur im finsteren Russland hofiert.

Zwei Männer in Anzügen stehen nebeneinander. Einer wirft einen Fußbal hoch.

So viele Gemeinsamkeiten: Korruption, die Liebe zum Sport und Korruption – Putin (l.) und Infantino Foto: Mikhail Metzel

Manchmal scheint es einem die Welt ganz einfach zu machen. „Schau mal“, sagt sie dann, „der Putin hat dem Infantino einen Orden verliehen.“ Und man selbst braucht nur doch abzuwinken und sagen: „Das passt“, „Da haben sich ja die zwei richtigen getroffen“ oder: „Diese Verbrecher!“ Und es stimmt ja auch irgendwie.

Am Mittwoch hat der russische Staatspräsident Wladimir Putin dem Präsidenten des Internationalen Fußballverbands Gianni Infantino den „Orden der Freundschaft“ überreicht, weil dieser die Weltmeisterschaft 2018 in Russland so schön organisiert hat. Der Zeigefinger richtet sich beinahe wie von selbst gen Osten und dann gen Zürich. Böse Buben, diese beiden!

Doch so einfach ist es nicht, auch wenn die beiden in ihren jeweiligen Fachgebieten wahrlich einiges auf dem Kerbholz haben. Der eine regiert einen Staat, der sich schon mal ein Knäppchen und mehr als das von einem Nachbarland abschneidet und sich selbst einverleibt, der weltweit gegen die offene Gesellschaft agitiert und ins Lager schickt, wer diese in Russland einfordert.

Der andere schert sich einen Dreck um die Regeln, die sich sein Verband selbst gegeben hat, vergrault Ethikwächter, die die Einhaltung dieser Regeln sicherstellen sollen, beglückt die korruptesten Mitgliedsverbände mit Geldgeschenken und ist dabei, den ganzen Fußballsport meistbietend zu verhökern. Jetzt schmückt der Autokrat den schmierigen Fußballmafioso mit einer edlen Plakette. Da scheint wirklich alles zu passen.

Mit Bargeld gefüllte Umschläge

Doch sinistre Sportfunktionäre, die Herrscher über ein bewährtes System von Korruption und Günstlingswirtschaft, werden nicht nur im finsteren Russland hofiert. Der unvergessene Joseph Sepp Blatter, Infantinos Vorgänger im Präsidentenamt bei der Fifa, war längst übel beleumundet, als bei der so viel besungenen WM 2006 in Deutschland der erste Anstoß ausgeführt worden ist.

Über die mit Bargeld gefüllten Umschläge, die Blatter vor seiner ersten Wahl im Jahre 1998 an diverse Funktionäre verteilt haben soll, war schon oft berichtet worden, als ihm Bundeskanzlerin Angela Merkel 2006 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet hat. Blatter habe sich für das gesellschaftspolitische Engagement seines Verbandes eingesetzt, für Fair Play auch jenseits des Spielfeldes, so wurde das damals begründet. Wladimir Putin hätte es nicht besser ausdrücken können.

Olympia oder eine Fußball-WM sind bewährte Instrumente des Nationalmarketings

Staaten schmücken sich gerne mit sportlichen Groß­ereignissen, seien es nun ­Demokratien oder Diktaturen. Olympia oder eine Männer-WM im Fußball sind bewährte Instrumente des Nationalmarketings. Das lassen sich die Staaten einiges kosten.Vor den Events verhandeln sie mit den ­Funktionärsgranden aus der Sportwelt, als seien diese Staatenlenker. Sie erfüllen Bedingungen, die von den Sportverbänden diktiert werden. Es wird Steuerfreiheit garantiert, sodass das Geschäft mit dem Sport ohne nennenswerte Abgaben betrieben werden kann. Bürgerrechte werden eingeschränkt, auf dass nur ja niemand in der Nähe einer Sportstätte eine Demonstration abzuhalten versucht.

Steuerbefreiung für die Uefa

Mit Alleinherrscher Putin lässt sich Derartiges gewiss leicht verhandeln. Mit der Bundesregierung oder den Oberhäuptern deutscher Städte ist es aber auch nicht sonderlich schwer. Im Sommer 2024 findet die Fußball-EM in Deutschland statt. Bewerben konnten sich die Deutschen nur, weil sie garantiert haben, dass in Stadionnähe nicht demonstriert werden darf, dass es Zonen gibt, in dem die Geschäftsinteressen der Europäischen Fußballunion Uefa Vorrang vor anderen Geschäften haben.

Und als besonderes Schmankerl hat die Bundesregierung der Uefa Steuerbefreiung für die Zeit des Turniers zugesichert. Wenn Uefa-Präsident Aleksander Čeferin nach dem Turnier ein Bundesver­dienst­irgendwas ans Revers geheftet würde, müsste man sich gewiss nicht wundern.

Und sollte die Bundesregierung nicht von alleine auf die Idee kommen, den Uefa-Chef auszuzeichnen, hat sie gewiss ein offenes Ohr, wenn dieser einen Orden bei ihr bestellt. So soll es Sepp Blatter auch gemacht haben. Der hatte schon 2005 ans Kanzleramt geschrieben, er erwarte eine Auszeichnung. Gefragt, getan.

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