Korruptionsvorwürfe in Guatemala: Pérez Molina wankt

Die Opposition gegen den Präsidenten wächst. Der Ex-General könnte der Drahtzieher des Korruptions-Netzwerks La Línea sein.

Auf der großen Demonstration in Guatemala-Stadt am 30. August

Demonstration in Guatemala-Stadt am 30. August 2015. Foto: reuters

GUATEMALA-STADT taz | Fuera – raus – skandieren die Demonstranten am Samstagnachmittag vor dem Präsidentenpalast in Guatemals Hauptstadt. Das „Raus“ gilt Präsident Otto Pérez Molina, der wegen massiver Korruptionsvorwürfe zurücktreten soll. Das ist quasi Konsens in Guatemala. Vergangene Woche haben sich auch der Unternehmerverband Cacif und die katholische Kirche vom Präsidenten abgewendet.

Seit Samstagmorgen steht Pérez Molina noch stärker unter Druck. Denn da haben Ermittler der UN-Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (Cicig) und die Staatsanwaltschaft einen Teil ihrer Beweise einer Kommission des Parlaments dargelegt. Dabei wurden Tonbänder aufgezeichneter Anrufe abgespielt, die die Strukturen des Korruptions-Netzwerkes La Línea aufdecken.

Das brachte Waren am Zoll vorbei ins Land – ein Millionengeschäft für die beteiligten Unternehmen und die Verantwortlichen in der Politik. Dazu gehört nicht nur Vizepräsidentin Roxana Baldetti, die schon in Untersuchungshaft sitzt, und weitere fünf Minister, die ihre Ämter niederlegten und von denen mindestens zwei ins Ausland flohen, sondern eben auch Präsident Pérez Molina.

Der 64-jährige Exgeneral könnte der Drahtzieher des Netzwerks sein, das auch im Gesundheits- und Bildungswesen Mittel in die eigene Taschen umgeleitet haben soll. Dabei wurde die Staatsanwaltschaft am Samstagvormittag sehr deutlich. „Sie sprach nicht mehr nur von einem Verdacht gegen Pérez Molina, sondern von handfesten Beweisen gegen den ehemaligen General“, so Michael Mörth.

Stimmen für die Verschiebung der Wahl

Der deutsche Anwalt, der seit zwanzig Jahren in Guatemala lebt, war dabei, als die Parlamentskommission gegen 16 Uhr die Entscheidung fällte, den Abgeordneten zur Aufhebung der Immunität des Präsidenten zu raten. „Dabei hat die Abgeordnete Nineht Montenegro eine wichtige Rolle gespielt. Sie hat ihre Kollegen von der Kommission gedrängt endlich Entscheidungen zu treffen“, so Mörth. Die Kommission wurde am Samstag vor dem Präsidentenpalast bejubelt, als der Demonstrationszug dort eintraf.

Am Montag soll die Empfehlung der Ausschussmitglieder bei den Abgeordneten eingehen. Diese könnten dann Dienstag einen Termin für die Abstimmung festlegen oder gleich abstimmen.

Für Claudia Samayoa, Koordinatorin der Menschenrechtsorganisation Udefegua, eine überfällige Entscheidung: „Es gibt Befürchtungen, dass im Norden in der Region von Huehuetenango Wahlurnen in Flammen aufgehen könnten. Die Aufhebung der Immunität des Präsidenten könnte die aufgebrachten Gemüter etwas besänftigen“.

Viele der Demonstrierenden halten wenig davon, die Wahlen wie vorgesehen am 6. September durchzuführen. Das zeigen auch die Transparente und Plakate. Auch Samayoa plädiert für eine Verschiebung des Wahlgangs. Denn gegen zahlreiche Kandidaten werde ebenfalls wegen Korruption ermittelt. Deshalb mahnen Experten wie Demonstrierende grundlegende Reformen an.

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