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Krieg der Huthis im Jemen und IsraelWer war der getötete Milizionär Mohammed al-Ghamari?

Im August tötete Israel Al-Ghamari. Erst jetzt gibt die jemenitische Miliz seinen Tod zu. Er galt als wichtiger Verbindungsmann zu den Unterstützern im Iran.

Nun auch von Seiten der Houthis als tot bestätigt: Mohammad al-Ghamari, Stabschef der jemenitischen Miliz Foto: Osamah Abdulrahman/ap

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Najm Aldain Qasem aus Toronto

taz | Am 16. Oktober gab die Huthi-Miliz im Jemen den Tod ihres Stabschefs, Generalmajor Mohammed al-Ghamari, bekannt. Bereits am 28. August war er Ziel eines israelischen Angriffs geworden. Lange ließen die Huthis sich Zeit für die Bestätigung seines Todes. Und räumten nun, in einer seltenen Erklärung, ein: Sein Tod sei ein großer Verlust. Mohammed Al-Ghamari veränderte die Huthis this nachhaltig: Er machte aus einer Guerillabewegung in den jemenitischen Bergen eine strukturierte „Armee“, die über die Grenzen des Jemen hinaus operierte.

Al-Ghamari wurde 1982 in einem abgelegenen Dorf in der Provinz Hajjah im Westen des Jemen geboren und trat 2003 einem religiösen Institut bei – unter der Leitung von Hussein al-Huthi, dem Gründer der unter demselben Namen bekannten Gruppe. Er beteiligte sich schließlich an verschiedenen Kriegen der Huthis gegen den jemenitischen Staat.

Im Jahr 2014 spielte al-Ghamari eine zentrale Rolle bei der Eroberung der jemenitischen Hauptstadt Sanaa durch die Huthis. Heute kontrolliert die Miliz große Teile des Landes. Nach diesem Staatsstreich wurde er zum Feldkommandeur in Hodeidah, an der Küste des Roten Meeres, ernannt.

Schon zuvor, im Jahr 2012, war er in den Libanon gereist, wo er bei der ebenfalls von Iran unterstützten Partei-cum-Miliz Hisbollah ausgebildet wurde. Später wurde er unter der Ägide der Islamischen Revolutionsgarden (IRGC) in Iran weiter ausgebildet, und spezialisierte sich dort Berichten zufolge auf ballistische Raketensysteme und taktische Kriegsführung.

Im Jahr 2016 ernannte ihn der politische Rat der Huthis zum Stabschef – ein Wendepunkt, der den Beginn des Raketen- und Drohnenprogramms der Huthis markierte. Er restrukturierte ihre Streitkräfte nach dem Vorbild der Islamischen Revolutionsgarden in Iran. Al-Ghamari wurde der Mann, der Sanaa mit Teheran verband. Und zum Architekten der militärischen Fähigkeiten der Huthis über große Strecken hinweg.

Al-Ghamari stand unter Sanktionen

Bis zu seinem Tod galt er als einer der engsten militärischen Berater des heutigen Anführers der Gruppe, Abdul-Malik al-Huthi.

Im November 2017 setzte ihn die von Saudi-Arabien geführte Militärkoalition, die damals gegen die Huthis im Jemen kämpfte, auf Platz 16 einer Liste von 40 gesuchten Huthi-Führern und setzte eine Belohnung von 10 Millionen US-Dollar für Hinweise aus, die zu seiner Festnahme führen.

Im Mai 2021 verhängte das US-Finanzministerium gemäß der Executive Order 13611 Sanktionen gegen al-Ghamari wegen „Beteiligung an Militäroperationen, die die humanitäre Krise verschärfen, eine ernsthafte Bedrohung für die Zivilbevölkerung darstellen und den Jemen destabilisieren“. Der UN-Sicherheitsrat folgte später im selben Jahr und nahm ihn in seine Sanktionsliste auf.

Schmerzhaft für die Huthis

Israel betrachtete al-Ghamari als einen der gefährlichsten Kommandeure der Huthis, als den Drahtzieher hinter Angriffen, die auf die Handelsschifffahrt im Roten Meer abzielten und Israels südliche Städte bedrohten.

Israelische Geheimdienstquellen gaben laut dem israelischen Sender i24News an, dass al-Ghamari seit Monaten unter enger Beobachtung stand, unter anderem durch Satellitenbilder und abgefangene Kommunikation innerhalb der Huthi-Reihen. Seine Ermordung wurde als „großer Erfolg der Geheimdienste“ im Rahmen von Israels Konfrontation mit der iranischen Achse bezeichnet.

Jemenitische Militärquellen erklärten: Der Tod von al-Ghamari sei ein taktisch wichtiger Schlag gegen die Huthis, da er die Koordination zwischen der Gruppe und ihren iranischen Verbindungsmännern störe. Al-Ghamari war die wohl wichtigste Verbindung zwischen den beiden. Die Gruppe hat seitdem Generalmajor Yusuf al-Madani, einen erfahrenen Kommandeur mit ähnlicher Ausbildung, zu seinem Nachfolger ernannt.

Beobachter glauben: Auch al-Ghamaris Abwesenheit wird die militärischen Operationen der Huthis nicht lahmlegen, sondern nur einen vorübergehenden Rückschlag für ihre Moral darstellen. Dennoch unterstreicht die Tötung einer so hochrangigen Persönlichkeit die tiefe Durchdringung des Sicherheitsapparats der Gruppe durch Israel. Viele im Jemen erwarten nun, dass Israel seine Kampagne gegen Ziele der Huthis eskalieren wird –insbesondere nach dem Beginn der Waffenruhe im Gaza-Krieg.

Aus dem Englischen: Lisa Schneider

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