Krieg im Sudan: Grünen-Politiker kritisiert Bundesregierung scharf
Boris Mijatović kritisiert, dass die Regierung zu wenig gegen die Not im Sudan unternehme. Er schlägt unter anderem ein besseres Waffenembargo vor.
Der Grünen-Abgeordnete Boris Mijatović wirft der Bundesregierung vor, zu wenig gegen den Krieg und die humanitäre Krise im Sudan zu unternehmen. „Die Berichte über massiv eingeschränkten Zugang für humanitäre Hilfe im Sudan, über Hunger, Gewalt- und Unterernährungsrisiken sind längst bekannt. Insbesondere vulnerable Gruppen, einschließlich Kinder, sind stark betroffen“, sagte Mijatović, der Obmann seiner Fraktion im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe ist, der taz.
In einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage erkannte die Bundesregierung die Not im Sudan zwar an. Laut dem Grünen-Abgeordneten zeige diese Antwort aber auch: „Die bisherigen diplomatischen Bemühungen reichen nicht aus, um auf einen Waffenstillstand im Sudan hinzuwirken und die Zivilbevölkerung mit humanitärer Hilfe zu versorgen.“
In einer sogenannten Schriftlichen Frage hatte sich Mijatović danach erkundigt, was das Auswärtige Amt über die humanitäre Lage unter anderem in der von Rebellen eroberten Stadt Al-Faschir weiß. Außerdem wollte er wissen, welche Maßnahmen die Regierung für mehr Hilfe und zum Schutz der Zivilbevölkerung ergreift.
Das Außenministerium bestätigt in der Antwort, dass seiner Kenntnis nach 200.000 Menschen ohne Verpflegung und medizinische Hilfe in Al-Faschir eingeschlossen sind und die Kämpfer der Rapid Support Forces (RSF) deren Versorgung gezielt verhindern. Es komme zu „vorsätzlichen Angriffen auf Zivilisten“.
Die Bundesregierung fordere die RSF „immer wieder“ zum Einlenken auf und unterstütze internationale Verhandlungsversuche. Staatsministerin Serap Güler (CDU) habe während einer Reise im Oktober „eine Vielzahl Gespräche vor Ort in Sudan sowie in Tschad und den Vereinigten Arabischen Emiraten geführt“. Die Emirate gelten als wichtigster Unterstützer der RSF.
Mehr Geld für Hilfen
Das Auswärtige Amt verweist außerdem darauf, dass die Mittel für die humanitäre Hilfe im Sudan auf 141 Millionen Euro für das laufende Jahr aufgestockt wurden. Die Organisationen, an die das Geld fließt, „stellen Lebensmittelhilfen, sauberes Trinkwasser und Unterstützung für Opfer von sexueller Gewalt bereit“. Ein Großteil der neuen Mittel gehe an das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen.
Boris Mijatović, Grüne
Laut dem Grünen-Abgeordneten Mijatović habe die Bundesregierung jedoch „keine konsequente Strategie, die Akteure, die die Konfliktparteien stärken oder die humanitäre Hilfe behindern, wirksam unter Druck zu setzen.“ Konkret fordert er Maßnahmen gegen Waffenlieferungen durch die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE): „Gerade die VAE spielen hier eine zentrale Rolle. Die Bundesregierung sollte sie auffordern, Flugaufzeichnungen, Frachtlisten und Endverbleibserklärungen im Zusammenhang mit Lieferungen in den Tschad und in den Sudan offenzulegen.“
150.000 Kriegstote im Sudan
Auf EU-Ebene solle sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass „für Exporte in die VAE und Reexporte von den VAE, die europäische Rüstungskomponenten beinhalten, eine verpflichtende Offenlegung eingeführt wird“. So ließen sich Schlupflöcher im geltenden Waffenembargo gegen den Sudan schließen.
Der aktuelle Krieg im Sudan begann, als die bis dahin an der Militärregierung beteiligte RSF im April 2023 gegen Staats- und Armeechef Abdelfattah al-Burhan rebellierte. Mittlerweile wurden Schätzungen zufolge rund 150.000 Menschen getötet, Millionen sind auf der Flucht. Kriegsverbrechen begehen mutmaßlich beide Seiten, der Internationale Strafgerichtshof ermittelt. Gegen die RSF gibt es Vorwürfe des Völkermords an nicht-arabischen Bevölkerungsgruppen. Nach der Eroberung der Stadt Al-Faschir im Oktober gibt es Hinweise auf die Ermordung von mehr als 2.000 Zivilist*innen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert