Krieg in Libyen: Crisis Mapping für Hilfsorganisationen

Die "Standby Task Force" erstellt für die UN interaktive Karten vom Konflikt in Libyen. Hilfe bekommt sie dafür von hunderten Freiwilligen in aller Welt.

Entführungen, Straßenkämpfe und Flüchtlingsbewegungen sind auf der Libya Crisis Map eingezeichnet. Bild: screenshot: www.libyacrisismap.net

BERLIN taz | Es ist nicht ganz leicht, den Überblick zu bewahren bei den Aufständen in der arabischen Welt der vergangenen Wochen. Allein der Krieg in Libyen überfordert jeden durchschnittlichen Nachrichtengucker. Rebellen dringen vor oder Gaddafi-Truppen drängen zurück, Misrata unter Beschuss, Bin Dschawwad unter Druck und Bengasi ist standhafte Rebellenhauptstadt und doch in Gefahr.

Wie schwierig es ist, in solchen Situationen Hilfe zu leisten oder auch nur zu wissen, wo es gerade am brenzligsten ist, ist leicht vorstellbar. Dem Chaos eine Ordnung zu verleihen, versucht die Online-Plattform "Standby Task Force" mit ihrer Seite Libya Crisis Map.

Auf einer interaktiven Landkarte Libyens werden alle eingehenden Nachrichten lokalisiert und vermerkt. Die "Standby Task Force" ist eine Plattform von Freiwilligen, den Auftrag für die Libyen-Seite bekam die Task Force vom UN-Amt zur Nothilfekoordination OCHA.

Die Task Force bezeichnet sich selbst als "die größte und aktivste internationale Gemeinschaft von Experten, Praktikern, Politikmachern, Technologen, Wissenschaftlern, Journalisten, Hackern und fähigen Freiwilligen, die zusammen an der Schnittstelle von humanitären Krisen, Technologie und crisis mapping arbeiten".

Ins Leben gerufen wurde die Plattform im Oktober 2010, bei einer Konferenz zu "Crisis Mapping". Nach eigenen Angaben arbeiten über 220 Freiwillige an der Libyen-Karte. Kämpfe, Evakuierungen, Flüchtlingsströme und militärische Aktivitäten und deren Häufigkeit und Ort lassen sich auf der Karte ansehen. Zusätzlich gibt es eine Zeitleiste und noch weiter spezifizierte Grafiken. Außerdem kann man sich per E-Mail benachrichtigen lassen, sobald eine neue Meldung zu einem bestimmten Ort erscheint.

"Crisis Mapping"

Ziel der Karten ist es, Hilfsorganisationen bei Nothilfe oder der Überwachung von Wahlen in Krisengebieten zu unterstützen. Das "crisis mapping" geht zurück auf das Nonprofit-Softwareunternehmen Ushahidi – was "Zeuge" in Swahili, einer ostafrikanischen Bantusprache, bedeutet. Ushadhidi hat die erste interaktive Karte nach den Unruhen in Kenia 2007 erstellt, basierend auf Augenzeugenberichten, die per E-Mail eingingen.

Die Libyen-Task Force sammelt Informationen aus Medienberichten, aber eben auch von inoffiziellen Quellen wie Facebook, Twitter oder Blogs. Verschiedene Teams prüfen und kategorisieren die Informationen bevor sie auf Google Maps basierten Karten lokalisiert und veröffentlicht werden. An der Libyen-Karte haben laut der Task Force über 220 Freiwillige in über 30 Ländern mitgearbeitet

Patrick Meier, Direktor von Crisis Mapping bei Ushahidi, beschreibt in seinem Blog den Unterschied von der Arbeit an der Libyen-Karte zu der an Haiti nach dem Erdbeben. "Die Hilfsorganisationen wünschten sich, dass die Libyen-Karte nur über ein Passwort zugänglich ist". Zu gefährlich ist es, dass die Informationen für militärische Zwecke benutzt werden könnten und die Helfer Ziel von Kampfhandlungen werden könnten.

Jetzt ist die Karte offen zugänglich, die Arbeit an ihr wurde eingestellt - es fehlen die Ressourcen, um sie aufrecht zu erhalten, schreibt die Task Force in ihrem Blog. Mit fast vier Wochen war dies das bisher am längsten dauernde Projekt der Plattform, wie dauerhafte Projekte gestemmt werden können, müsse erst noch erarbeitet werden. Auftraggeber OCHA habe aber schon angemeldet, eventuell zwei Stellen für die kommenden zwei Monate einzurichten, um die Karte am Leben zu halten.

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