Krieg in Syrien: 16.000 Menschen fliehen aus Aleppo

Die Assad-Truppen haben große Teile Aleppos zurückerobert. Aber die Rebellen geben nicht auf. Die humanitäre Lage in der Stadt ist katastrophal.

total zerstörte Häuser

In der Hand der Regierungstruppen: der Ortsteil Sachur in Aleppo Foto: reuters

ALEPPO/GENF/BERLIN afp/dpa/rtr | Die syrische Armee hat nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums fast die Hälfte von Ost-Aleppo zurückerobert. In den vergangenen 24 Stunden sei ihr ein Durchbruch im Kampf um die Stadt gelungen, erklärte das Ministerium in Moskau am Dienstag.

Die Regierungstruppen eroberten die Stadtteile Sachur, Haidarija und Scheich Chodr. Kurdische Milizen nahmen das Viertel Scheich Fares ein. Damit hätten die Aufständischen die Kontrolle über den gesamten Nordosten Aleppos verloren, sagte der Leiter der oppositionsnahen Beobachtungsstelle, Rami Abdel Rahman. Dies sei die „schwerste Niederlage“ für die Rebellen seit der Eroberung Ost-Aleppos im Jahr 2012.

Derweil warnt Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier die syrische und russische Regierung vor der Annahme, mit der Einnahme Aleppos einen entscheidenden Sieg zu erringen. „Dieser Konflikt wird nicht zu Ende gehen – unabhängig davon was gegenwärtig in Ost-Aleppo militärisch passiert“, sagte der Minister am Dienstag in Berlin. Er verwies darauf, dass viele regionale Akteure „in diesen Konflikt investiert“ hätten.

Trotz großer Geländegewinne der syrischen Armee wollen die Rebellen nicht aufgeben. „Der Kampf geht weiter“, sagte Usama Abu Seid, Berater der oppositionellen Freien Syrischen Armee (FSA), am Dienstag. Der Vormarsch des Regimes sei das Ergebnis von „massivem militärischem Druck“ gegen Rebellen, die nur leichte Waffen besäßen. „Das bedeutet nicht, dass die Schlacht zu Ende ist.“

„Die Welt betreibt eine niederträchtige Politik“

Abu Seid warf dem Westen vor, die belagerten Rebellen in Aleppo im Stich gelassen zu haben. Stattdessen unterstützten Deutschland und andere Länder die Kurdenmiliz YPG und damit auch das Regime, da beide in Aleppo gemeinsame Sache machten. „Die Welt betreibt eine niederträchtige Politik“, sagte Abu Seid. „Sie ignoriert die Rolle Russlands und des Irans bei der Besatzung Syriens und gleichzeitig hindert sie uns daran, an Waffen zu kommen.“

Die YPG ist in Syrien im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) wichtigster Partner der US-geführten internationalen Koalition. Die Kurdenmiliz kontrolliert neben großen Gebieten an der Grenze zur Türkei auch das Viertel Scheich Maksud im Norden Aleppos.

„Die Intensität der Angriffe auf Bezirke in Ost-Aleppo in den vergangenen Tagen hat tausende Zivilisten gezwungen, in andere Teile der Stadt zu fliehen“, teilte der UN-Direktor für humanitäre Hilfe, Stephen O'Brien, am Dienstag mit.

Weiteren Flüchtlinge erwartet

Angesichts der „alarmierenden und schrecklichen Situation“ in der syrischen Stadt sei er „äußerst besorgt“ über das Schicksal der Zivilisten, erklärte O'Brien weiter. Nach Angaben humanitärer UN-Partnerorganisationen seien „bis zu 16.000 Menschen vertrieben worden“ und für viele von ihnen sei die Situation „ungewiss und gefährlich“. Es sei mit tausenden weiteren Flüchtlingen zu rechnen.

Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault forderte angesichts der „humanitären Katastrophe“ in der syrischen Stadt eine „sofortige“ Sitzung des UN-Sicherheitsrats, um über die Situation in der Stadt und Hilfe für die Bevölkerung zu sprechen. „Mehr denn je“ müsse für ein Ende der Kampfhandlungen und einen ungehinderten Zugang für humanitäre Hilfe gesorgt werden, erklärte Ayrault.

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