Krieg in der Ostukraine: Waffen ruhen doch nicht

An Neujahr und Weihnachten sollte im Donbass eigentlich Feuerpause herrschen. Doch beide Seiten melden Beschuss durch den Gegner.

Keine Betriebsferien am Jahresende: Arbeiter in einer Panzerfabrik in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. Foto: ap

KIEW taz | Die Hoffnung der Menschen im Donbass auf ein friedliches Neujahrsfest und ein friedliches Weihnachten scheint sich nicht zu erfüllen. Die für die Feiertage der Jahreswende in Minsk vereinbarte Feuerpause wurde bereits einen Tag nach ihrem Inkrafttreten gebrochen. Mehrfach wurde nach dem 23. Dezember, dem offiziellen Beginn der Waffenruhe, geschossen, auch mit großkalibrigen Waffen, die schon längst von der Front hätten abgezogen sein sollen.

Gleichzeitig waren in den vergangenen Tagen Einheiten der „Volksrepublik Donezk“ in drei demilitarisierte Dörfer der sogenannten „Grauzone“ eingedrungen. Die Bewohner eines dieser Dörfer, Vodjanoe bei Mariupol, mussten sich in Kellern vor der Artillerie schützen.

Das den „Volksrepubliken“ des Donbass nahestehende Internetportal nahnews.org berichtet am Samstag von Beschüssen der Städte Donezk und Gorlovka durch ukrainische Artillerie. Außerdem sei die Ortschaft Sanscharowka in der „Volksrepublik Lugansk“ von ukrainischen Einheiten angegriffen worden.

Ukrainische Positionen, so das Internetportal gazeta.ru unter Berufung auf ukrainische Armeesprecher, seien in Peski, Novogorodskoje, Zajzewo, Majorsk, Luganskoe und Opytnoe beschossen worden. Die Aufständischen, so die ukrainische Wochenzeitung Zerkalo Nedeli am Samstag in ihrer Onlineausgabe, hätten Freitagnacht ihre Artillerie zwei Mal gegen die Zivilbevölkerung der Ortschaft Vodjanoe gerichtet. Mehr als 40 bewaffnete militärische Provokationen habe man gezählt, so der ukrainische Armeesprecher Anton Mironowitsch gegenüber Zerkalo Nedeli.

Separatisten nehmen Ort in der „Grauzone“ ein

Schon kurz vor Inkrafttreten der weihnächtlichen Feuerpause am 23. Dezember hatten Einheiten der „Volksrepubik Donezk“ Kominternovo besetzt. Zuvor hatten sich in der Ortschaft, die zur sogenannten „Grauzone“ gehört, weder ukrainische Einheiten noch Separatisten aufgehalten. Erst am Freitag durften OSZE-Beobachter in Begleitung bewaffneter Soldaten der „Volksrepublik Donezk“ Kominternovo besuchen.

Die Verletzung der jüngsten Feuerpause wird von Beobachtern als weiterer Rückschlag für den Minsker Friedensprozess gewertet. Der Umstand, dass Kominternovo in der Nacht eingenommen wurde, als man sich in Minsk auf die Waffenruhe geeinigt hatte, lege nahe, dass es in der „Volksrepublik Donezk“ starke Kräfte gebe, die nicht an einem Frieden interessiert seien, zitiert die ukrainische Tageszeitung Segodnja (Heute) den Kiewer Politologen Kostja Bondarenko. Die Verletzung der Feuerpause, so Bondarenko, zeige, dass die Führung der „Volksrepublik“ nicht mehr handlungsfähig sei. Dort bahnten sich offensichtlich schwerwiegende Zerwürfnisse an.

Kominternovo, so der ukrainische Militärexperte Dmitrij Tymtschuk, sei erst der Anfang. Er befürchtet die Einnahme weiterer Ortschaften der „Grauzone“ durch Einheiten der „Volksrepubliken“.

Der Chef der „Volksrepublik Lugansk“, Igor Plotnizkij, macht hingegen Kiew für die jüngste Eskalation und die Verletzung der Waffenruhe verantwortlich. „Die einfache Logik zeigt, dass weder die Volksrepublik Donezk noch die Volksrepublik Lugansk für die Beschüsse verantwortlich sind“. Ukrainische Einheiten befänden sich auf einem Gebiet, in dem sich die Bewohner in einem Referendum im Mai 2014 für die Unabhängigkeit ausgesprochen hätten, zitiert die Lugansker Nachrichtenagentur „lug-info“ den Separatistenchef.

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