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Kriegsdrama mit Jason MomoaAction ohne Tiefgang

„Chief of War“ erzählt von der hawaiianischen Geschichte und vom Beginn der Kolonisierung. Doch an erfolgreiche Kriegsserien kommt es nicht ran

Hollywood-Star Jason Momoa als Berater der Königs Foto: Apple TV+

Als der spätere hawaiianische König Kamehameha (Kaina Makuka) und sein neuer Kriegschef und politischer Berater Ka’iana (Jason Momoa) auf Holzschlitten liegend vor einer Traumkulisse einen Vulkanabhang hinunterrasen, ist das optisch wirklich beeindruckend. Die Szene steht sinnbildlich für die Machart der neuen Apple TV+-Serie „Chief of War“, die Ende des 18. Jahrhunderts spielt und vom Beginn der Kolonisierung Hawaiis erzählt.

Denn die Geschichte wird hier actionreich, aber leider auch etwas aseptisch inszeniert in werbefilmtauglichen Bildern, die auch gut aus einem Katalog stammen könnten und niemandem wehtun.

Der legendäre König Kamehameha, von dem es auf Hawaii eine ganze Reihe Statuen gibt, ist eine moralisch integre Person ganz im Gegensatz zu seinen als fiese Psychopathen inszenierten Kontrahenten. Übrigens musste König Kamehameha auch schon als Vorfahre George Clooneys im Liebesdrama „The Descendants“ herhalten.

Mit dem historischen Erbe Hawaiis wird in der Filmindustrie gerade Kasse gemacht. Die „Vaiana“-Filme, popfeministisches Aushängeschild von Disneys Animationssparte, erzählen eine empowernde Fantasy-Geschichte des Archipels. Eine Echtzeitverfilmung ist in Planung. „Chief of War“ basiert dagegen nicht nur auf realer Geschichte, sondern wurde außerdem in hawaiianischer Sprache gedreht – ein absolutes Novum und einzigartig in dieser Form.

Zu einfach gestrickt

Dabei hatte eine Studie der kalifornischen Universität Annenberg vor vier Jahren noch konstatiert, dass vor allem „Pacific Islanders“ (von Polynesien bis Hawaii) in den USA im Filmbereich wie kaum eine andere Gruppe unterrepräsentiert sind. Das ändert sich gerade. Das leider etwas zu einfach gestrickte Historiendrama „Chief of War“ mit dem hawaiianischen Hollywood-Star Jason Momoa als titelgebenden Kriegschef Ka’iana hat in Zeiten eines immer repressiver werdenden Umgangs mit Diversity im Amerika des US-Präsident Donald Trump also trotzdem fast schon eine politische Mission.

Angelegt ist der opulent und bildgewaltig inszenierte Neunteiler über die kriegerischen Auseinandersetzungen der Adels- und Königsfamilien auf dem Archipel als eine Art „Game of Thrones“ in den pazifischen Tropen. Aber an die komplexe dramaturgische und gesellschaftspolitische Finesse von George R. R. Martins Kultgeschichte kommt „Chief of War“ keinesfalls ran. Dazu verliert sich die Serie zu sehr in muskelbepackter Männerästhetik mit vielen stylischen Tattoos und blutrünstigen Schlachten, die am Ende der Serie in einem fast splatterartigen Finale münden.

Trotz brachialer Kriegsästhetik geht es auch um queere Beziehungen zwischen Männern, die in Hawaii üblich waren, und Frauen, die ebenso an politischen Beratungen wie an Kampfhandlungen im Zuge der ständigen kriegerischen Konflikte der hawaiianischen Adelsfamilien teilnehmen.

Die Kolonisierung Hawaiis spielt ebenfalls eine Rolle. Denn nachdem James Cook 1778 als erster Europäer Hawaii betreten hatte (früher hieß das „entdeckt“), tauchen in den 1780er Jahren immer mehr Segelschiffe am Horizont der Inselgruppe auf.

Fortsetzung scheint notwendig

Ka’iana begibt sich sogar mit Europäern auf eine Reise nach Alaska, China und auf die Philippinen, wo er Musketen für den Kriegszug Kamehamehas kauft. Der gilt als großer Monarch, der während der Kolonisierung die Inseln einigte. Die zwiespältige Rolle der Hauptfiguren wird angerissen, aber leider nicht auserzählt. Da das Ganze mit einem Cliffhanger endet und die viel zu konfliktfrei in Szene gesetzte Freundschaft zwischen Ka’iana und Kamehameha in späteren Jahren in offene Feindschaft überging, wovon die Serie nichts erzählt, ist eine Fortsetzung fast zwingend.

Ob die dann zustande kommt, ist bei den derzeit von allen Streaming­anbietern regelmäßig zusammengestrichenen Serienbudgets zweifelhaft.

„Chief of War“ ab 1. 8. auf Apple TV+

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