Kriegstreiber John Bolton: Ein Sicherheitsrisiko weniger

Das Zerwürfnis zwischen Trump und seinem Sicherheitsberater war schon länger offensichtlich. Trump-Gegner begrüßen den Rausschmiss.

John Bolton fasst sich an die Brille

Trumps Sicherheitsberater John Bolton ist seinen Job los Foto: ap

NEW YORK taz | Im Weißen Haus arbeitet seit Dienstag ein Kriegstreiber weniger. John Bolton, binnen weniger als drei Jahren der dritte Berater für die „nationale Sicherheit“, musste gehen. Die persönlichen Inkompatibilitäten und die außenpolitischen Divergenzen zwischen ihm und dem US-Präsidenten waren unübersehbar. Sie reichten von Iran über Nordkorea und Venezuela bis hin zum gescheiterten Camp-David-Treffen mit den Taliban, was vermutlich den letzten Ausschlag gab – überall propagierte Bolton „Regimewechsel“ und militärisches Vorgehen, während sein Boss nach Gelegenheiten für spektakuläre „Deals“ suchte.

Als Donald Trump am Dienstag in einem ungewöhnlich scharfen Tweet erklärte, er habe Bolton gefeuert (der Betroffene behauptete hingegen, er habe selbst seinen Rücktritt angeboten), kam Beifall von Seiten, die sich gewöhnlich uneinig sind: Das Pentagon war erleichtert, die Frauengruppe „Code Pink“ sprach von einer „Chance für den Frieden“, und wenige Minuten später kamen Außenminister Mike Pompeo und Finanzminister Steven Mnuchin mit breitem Grinsen zu einer Pressekonferenz, an der ursprünglich auch Bolton teilnehmen sollte.

„Mich überrascht gar nichts“, sagte Pompeo zu ReporterInnen und fügte hinzu, dass der Präsident ganz einfach Berater brauche, „denen er traut“.

In seinen 17 Monaten im Amt verbuchte Bolton mehrere anfängliche Erfolge, die den außenpolitischen Kurs der USA veränderten. Kaum kam der neue Sicherheitsberater ins Weiße Haus, ließ Trump in Syrien Bomben abwerfen und kündigte das Atomabkommen mit Iran auf. Bolton war auch daran beteiligt, dass das Atomwaffenabkommens INF zwischen Russland und den USA außer Kraft gesetzt wurde.

Zunehmend isoliert

Doch in den zurückliegenden Monaten konnte sich Bolton, der nie einen Hehl aus seinen interventionistischen Absichten und aus seiner Gegnerschaft zu multilateralen Organisationen machte, immer weniger durchsetzen. Er war zunehmend isoliert im Weißen Haus. Während des letzten Spektakeltreffens zwischen Trump und dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong Un musste Bolton in die Mongolei reisen.

Als im Weißen Haus CIA, Pentagon und Außenminister zusammenkamen, um über Iran zu beraten, war er nicht eingeladen. Trump erwägt während der UN-Vollversammlung in diesem Monat in New York ein Treffen mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rouhani, wogegen Bolton opponierte. Und über die seit Monaten in Doha laufenden Gespräche mit den Taliban wurde Bolton nur schleppend informiert.

Als Iran im Juni eine US-Drohne abschoss, verlangte Bolton militärische Vergeltungsschläge. Als Trump die Bombardements im letzten Moment, als die US-Kriegsflugzeuge bereits in der Luft waren, abblies, soll Bolton gewütet haben.

Unter den vielen Scharfmachern, die Trump umgeben, war Bolton der mit der längsten Vorgeschichte. Er hat seine Karriere als einflussreicher Falke im Washington bereits im Vorfeld des Irak-Kriegs begonnen. Als UN-Botschafter von Ex-Präsident Bush bereitete er federführend das diplomatische Terrain für die Invasion des Irak und den Sturz von Saddam Hussein vor. Im Gegensatz zu vielen anderen Washingtoner Insidern betrachtet Bolton den Irak-Krieg bis heute als einen „Erfolg“.

Abschied ohne nette Worte

Unter den zahlreichen Ja-Sagern und Bücklingen, die Trump umgehen, war Bolton der einzige, der dem US-Präsidenten offen Paroli bot. Am Anfang behauptete Trump noch, dass er diesen Widerspruch schätze, nannte Bolton einen guten Mann und witzelte darüber, dass der weltweit Krieg wolle. Doch zuletzt ging Trump seinem Berater aus dem Weg. Anders als bei den meisten anderen Regierungsmitgliedern und Mitarbeitern aus dem Weißen Haus, die Trump zum Ausgang gedrängt hat, denen er zum Schluss aber noch ein paar nette Worte im Oval Office oder zumindest auf Twitter sagte, wünschte er Bolton nichts Gutes für die Zukunft.

Es schien von Anfang an widersinnig, dass Trump, der im Wahlkampf behauptet hatte, er wolle die Politik des Regimewechsels beenden, einen Sicherheitsberater holte, der seine Karriere darauf aufgebaut hat. Aber zugleich repräsentiert Bolton die Interessen zahlreicher Kräfte in der Republikanischen Partei.

Und auch Trumps größter einzelner Geldgeber, Sheldon Adelson, der bis vor Kurzem ein enger Freund von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu war, wollte Bolton haben. Und selbst nach Boltons Abgang am Dienstag zeigten führende Republikaner – darunter der ehemalige Präsidentschaftskandidat Mitt Romney und Sprecher des rechten Washingtoner Thinktank Hudson – ihre Enttäuschung.

Das Ende der Ära Bolton ist die neueste Wende in der chaotischen Personalpolitik des US-Präsidenten. In seinen noch nicht mal drei Jahren im Amt hat Trump Rekordzahlen von Sicherheitsberatern, Sprechern, Ministern und anderen Spitzenmitarbeitern verschlissen. Dabei ist seine Außenpolitik nicht etwa kohärenter, zielstrebiger oder weniger chaotisch geworden. Als einzige klare Linie schälte sich heraus, dass sich alles permanent um die Person Trump drehen muss.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.