Kriegsverbrechen in Syrien: Fotograf des Horrors als Kronzeuge

Frankreichs Justiz ermittelt gegen Assad. Sie stützt sich dabei auf mehr als 50.000 Bilder von Folterungen und Exekutionen als Beweismaterial.

Französische Kampfjets im Anflug auf Syrien.

Französische Kampfjets im Anflug auf Syrien. Foto: dpa

PARIS taz | Die französische Justiz hat eine gerichtliche Voruntersuchung wegen Kriegsverbrechen des syrischen Regimes von Baschar al-Assad eingeleitet. Als wichtigstes Belastungsmaterial dienen rund 50.000 Fotos, die ein Ex-Mitglied der syrischen Militärpolizei bei seiner Flucht aus Syrien im Juli 2013 ins Exil schmuggeln konnte.

Es handelt sich um Dokumente des Horrors. Auf den Bildern, die der Polizeifotograf mit dem Decknamen „César“ zwischen 2011 und 2013 für seine Auftraggeber machte, sind Leichen mit Folterspuren und anderen sichtbaren Anzeichen von schwerer Misshandlung wie Unterernährung zu erkennen.

Die Fotos aus den Kerkern der syrischen Staatssicherheitskräfte sind unerträglich. Nun aber könnten sie einen anderen Zweck erfüllen und der Justiz als Beweis für die Anklage der heutigen Machthaber in Damaskus wegen Kriegsverbrechen dienen.

Aufgrund der Dokumente von „César“ ist ein Bericht verfasst, von dem die britische Zeitung The Guardian bereits sagte, er belege, dass das Assad-Regime „auf industrieller Stufe“ seine Gegner foltere und ermorde.

Untersuchung im Detail

Nun wird dieser reuige Polizeifotograf auch in Frankreich zum Kronzeugen der Anklage. Damit die französische Justiz sich in dieser Ermittlung für kompetent erklären kann, braucht es allerdings den Beweis, dass sich unter den Opfern mindestens ein französischer Staatsangehöriger befindet. Zu diesem Zweck müssen nun die schrecklichen Fotos im Detail untersucht werden, um unter den fotografierten Leichen eventuelle Franzosen oder französisch-syrische Doppelstaatsbürger zu identifizieren.

Das Vorgehen der französischen Justiz zu diesem Zeitpunkt hat auch diplomatische Hintergründe. Staatspräsident François Hollande hat am Montag noch einmal klar gesagt, Assad könne keinesfalls ein Teil der politischen Lösung in Syrien sein. Frankreich schließt eine taktische Allianz gegen die Terroristen der Organisation Islamischer Staat unter Einschluss von Assads Regierungstruppen, wie dies namentlich Russland und Iran befürworten, kompromisslos aus.

Das Gerichtsverfahren erscheint in diesem Zusammenhang wie ein Versuch, mit den Beweisen für Folterungen und andere Kriegsverbrechen die Partner (namentlich die USA) vor Konzessionen zu warnen. Frankreich geht seit kurzem mit Luftangriffen gegen IS-Stellungen nicht nur im Irak vor, sondern auch in Syrien, ist aber kategorisch gegen eine Koalition mit Assad.

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