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Kriminalroman „Friesendämmerung“Blut unterm Golfschläger

Sandra Dünschedes „Friesendämmerung“ ist ein Krimi aus dem Golfmilieu. Der Streit um Windräder und illegale Müllentsorgung werden obendrauf gepackt.

Mitunter gefährlicher Sport: das Golfen Foto: dpa/PA Wire/Peter Byrne

Von

Petra Schellen aus Hamburg

Ein Toter liegt auf einem nordfriesischen Golfplatz, frühmorgens neben Loch neun. Er wurde nicht, wie befürchtet, vom Golfball des Finders tödlich getroffen. Nein, Entsorgungsunternehmer Johannes Petersen wurde von jemand anderem erschlagen – mit einem „Hybrid-Schläger“ aus Holz und Eisen.

Ins Golfmilieu, dem die in Nordfriesland geborene, inzwischen bei Hamburg lebende Autorin nach eigenem Bekunden selbst angehört, hat Sandra Dünschede ihren Krimi „Friesendämmerung“ verlegt, und so lernt man einiges über Chippen und Putten und sonstig Golfsprachliches. Auch das Elitebewusstsein, die strenge Trennung von Menschen mit „Platzreife“ und ohne scheint durch, vermutlich gespeist durch Erfahrungen der Autorin.

Und mittenmang ermitteln wie in etlichen Dünschede-Krimis Kommissar Dirk Thamsen und, halb legal, der Rentner Haie Ketelsen. Und auch wenn Thamsen den Freund immer wieder auffordert, die Recherche und vor allem die Alleingänge zu unterlassen: Erstens fruchtet es nichts, und zweitens sind Haies Hinweise oft durchaus hilfreich, kann er doch weit unauffälliger dem Dorftratsch lauschen als die offizielle Polizei.

In diesem Fall geht es um dem Möchtegern-Golfer Petersen, als Entsorgungsunternehmer erst kurz dabei, natürlich ohne „Stallgeruch“ und vermutlich eher an Beziehungen interessiert. Sein Unternehmen lief zuletzt schlecht, trotzdem hat er wilde, teure Partys geschmissen, andererseits seinen Angestellten nur unregelmäßig Lohn gezahlt.

Sandra Dünschede:

Friesendämmerung, Gmeiner, 288 S., 16 Euro, E-Book 14,99 Euro

Die Reihe der möglichen Racheengel ist also lang. Ein vehement leugnender Verdächtiger erhängt sich sogar, vom Kommissar kurz allein gelassen, im Verhörraum – ein Trauma, das der Kommissar den ganzen Roman über nicht verwindet. Aber ist der Suizid ein Schuldeingeständnis? Der Dorftratsch glaubt’s, die Nachbarn mobben von Stund’ an die Witwe als „Mörderpack“.

Wind und Windungen

Und an dieser Stelle, als der Fall fast erledigt scheint, kommt urplötzlich, als habe die Autorin unbedingt noch ein brisantes Thema hineinnehmen wollen, der Brandanschlag auf eine Windkraftanlage ins Spiel.

Das Windrad steht auf einem Feld, das dem Bruder des ermordeten Abfallentsorgers gehört. Dazu wird gleich ein Dutzend eventuell gewaltbereiter Windrad-Protestler als verdächtig präsentiert. Doch der Roman dreht sich noch eine Windung weiter, hin zu illegaler Giftmüll-Entsorgung auf jenen Windrad-Feldern, letztlich das Motiv für den Mord.

Auch diese neue Weiterung wirkt etwas aufgesetzt – wenn auch den Verzwickungen der realen Welt vermutlich recht nah. Doch insgesamt liest sich das Buch als spannende, teils humorvolle Krimi-Unterhaltung samt authentischer Dorf-Atmosphäre, die man, je nach Lebensphase, als heimelig oder beengend empfinden kann.

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