Krise im Kongo: Über 100 Tote bei „Putschversuch“

Rätselraten nach der blutigen Niederschlagung der „terroristischen Angriffe“ im Kongo. Die offizielle Version stößt auf Skepsis.

Ein Toter liegt an der Einfahrt zum Gelände des Staatsfernsehens RTNC in Kinshasa. Bild: reuters

BERLIN taz | Der mutmaßliche Putschversuch in der Demokratischen Republik Kongo am 30. Dezember hatte offenbar ein viel größeres Ausmaß als zunächst berichtet. Die Regierung korrigierte am Silvestertag die Zahl der getöteten „Terroristen“ deutlich nach oben, von 34 auf 95. Dazu kämen acht getötete Soldaten, unter ihnen ein hoher Offizier.

Bewaffnete hatten am Montag in Kongos Hauptstadt Kinshasa das Staatsfernsehen, den Flughafen, den Generalstab und den Präsidentenpalast angegriffen. Die Abwehr des „terroristischen Angriffs“, wie Informationsminister Lambert Mende den Vorfall nannte, war sehr blutig. Videos aus Kinshasa zeigen dutzende blutüberströmte Leichen.

Nicht nur in Kinshasa kam es zu Kämpfen. In Kindu, Hauptstadt der östlichen Provinz Maniema, besetzten Bewaffnete kurzzeitig den Flughafen. In Lubumbashi, Hauptstadt der südlichen Provinz Katanga, gab es heftige Gefechte nahe der Residenz des selbsternannten „Propheten“ Joseph Mukungubila. Auf ihn hatten sich die ins Staatsfernsehen in Kinshasa eingedrungenen Angreifer berufen.

Nach Regierungsangaben forderten die Kämpfe in Lubumbashi 45 Tote, darunter 40 „Terroristen“, von denen weitere 76 gefangen genommen worden seien. Mukungubila sagte dazu, landesweit hätten sich seine Anhänger erhoben, nachdem das Militär seine Residenz in Lubumbashi angegriffen hatte. Dies sei geschehen, nachdem Jugendliche, die seinen neuesten „Offenen Brief“ in den Straßen verteilten, verhaftet wurden. In dem Offenen Brief hatte Mukungubila verklausuliert zum Umsturz aufgerufen. Die Regierung sagt, der Angriff auf die Residenz des „Propheten“ sei erst nach Beginn der Schießereien in Kinshasa erfolgt.

In der Hauptstadt zirkulieren zahlreiche Verschwörungstheorien über einen möglichen Putschversuch im Zusammenhang mit Machtkämpfen an der Spitze der Sicherheitsapparate. Regierungsgegner mutmaßen auch, die Regierung habe das selbst initiiert, um unliebsame Kräfte im Militär ins Messer laufen zu lassen. So erklärte Kongos größte Oppositionspartei UDPS (Union für Demokratie und Sozialen Fortschritt), es handele sich bei dem angeblichen Putschversuch um „ein inszeniertes Szenario, um die Bevölkerung abzulenken“.

Am Mittwoch abend kam es erneut zu Schusswechseln im Zentrum von Lubumbashi. Wie kongolesische Medien berichteten, eröffnete ein „offensichtlich betrunkener“ Soldat das Feuer auf einem Platz, wo ein Neujahrskonzert stattfand. Als die Militärpolizei eingriff, um ihn zu verhaften, hätten seine Kameraden das für einen erneuten „terroristischen“ Angriff gehalten und seien ihrerseits in Aktion getreten. Es entwickelte sich ein halbstündiges Feuergefecht mit einem Toten und mehreren Verletzten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.