Krise in der Ukraine: Einreiseverbote und Staatsbesuche

Die Krisendiplomatie läuft auf Hochtouren. Obama trifft den ukrainischen Regierungschef. Auf das Krim-Referendum könnten neue Sanktionen folgen.

Das frühere ukrainische Touristenziel Krim wurde laut Kanzlerin Merkel von Russland „annektiert“. Bild: reuters

WASHINGTON afp | Inmitten der Krim-Krise empfängt US-Präsident Barack Obama am Mittwoch den ukrainischen Regierungschef Arseni Jazenjuk. Das Treffen im Weißen Haus ist ein Zeichen der Solidarität mit der Übergangsregierung in Kiew, die sich gegen einen Verlust der Halbinsel Krim an Russland stemmt. Washington versuchte in den vergangenen Tagen auf verschiedenen Wegen, Druck auf den russischen Präsidenten Wladimir Putin aufzubauen und die Ukraine zu unterstützen.

Derweil reist Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch nach Polen. In der Hauptstadt Warschau will die CDU-Politikerin mit Ministerpräsident Donald Tusk insbesondere über den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland beraten. Das prorussische Parlament der Krim hatte zuvor die Abspaltung von der Ukraine vorangetrieben.

Das US-Außenministerium verhängte auf Anordnung Obamas in der vergangenen Woche erste Einreiseverbote gegen Russen und Ukrainer, die hinter der Eskalation in der früheren Sowjetrepublik stehen sollen. Außerdem schuf der Präsident ein mächtiges Sanktionsinstrument, das seine ganze Wirkung noch längst nicht entfaltete: In einer Verordnung erklärte Obama einen „nationalen Notstand“ wegen der „außergewöhnlichen Bedrohung“ durch die Entwicklung in der Ukraine. Damit können die US-Behörden Vermögenswerte von Verantwortlichen einfrieren.

Das Weiße Haus bezeichnet das Dekret als „flexibles Werkzeug“, um diejenigen zu bestrafen, „die am direktesten in die Destabilisierung der Ukraine verwickelt sind“. Finanzministerium und Außenministerium bestimmen „Einzelpersonen und Einheiten“, die Ziel der Sanktionen sind. Obamas Verordnung ermöglicht dabei nicht nur Strafmaßnahmen gegen jene, die Demokratie und Souveränität der Ukraine gefährden. Wie bei den Iran-Sanktionen könnte die schwarze Liste auch auf Geschäftspartner von Verantwortlichen ausgeweitet werden. Auch im Kongress in Washington gibt es Bestrebungen, Russland mit weiteren Sanktionen zu belegen.

Abspaltungs-Referendum am Sonntag

Außenminister Frank-Walter Steinmeier knüpfte die nächste Stufe der EU-Sanktionen – Kontensperrungen und Einreiseverbote gegen russische Staatsbürger – direkt an die Volksabstimmung am Sonntag. „Wenn das Referendum nicht verschoben wird, dann wird man spätestens am Montag eine weitere Entscheidungsstufe haben“, sagte der SPD-Politiker bei einer Reise durchs Baltikum in Riga.

Merkel sprach sich für einen besonnenen, aber bestimmten Kurs Europas gegenüber Russland aus. Außer von Sensibilität müsse das Handeln aber auch von „einer gewissen Härte“ geleitet sein, was die Verteidigung europäischer Werte anbelange, sagte Merkel am Dienstag nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Unionsfraktion. Mit Blick auf die Situation der Krim sprach die Kanzlerin von „einer Annexion“. Russlands Vorgehen verstoße gegen alle völkerrechtlichen Regelungen, die in der Nachkriegszeit aufgestellt worden seien.

US-Außenminister John Kerry stellte der Ukraine bislang eine Milliarde Dollar in Aussicht. Dabei handelt es sich um Kreditgarantien, mit denen Washington mögliche Hilfen von Weltbank oder Internationalem Währungsfonds absichern würde. Der Kongress muss die Mittel aber noch freigeben: Das Repräsentantenhaus billigte die finanzielle Unterstützung am vergangenen Donnerstag, die Zustimmung des Senats steht noch aus. Die Übergangsregierung in Kiew hatte den Finanzbedarf allein für das laufende Jahr mit mindestens 15 Milliarden Dollar angegeben.

Unterstützung für osteuropäische Nato-Partner

Das russische Vorgehen in der Ukraine schürt Ängste bei osteuropäischen Staaten, die einst unter dem Einfluss der Sowjetunion standen und heute der NATO angehören. US-Verteidigungsminister Chuck Hagel versprach Polen und dem Baltikum eine Ausweitung der Militärunterstützung.

Nach Angaben aus Warschau schicken die USA zwölf F-16-Kampfjets nach Polen und ziehen ein Manöver vor, an dem 300 US-Soldaten teilnehmen. Die US-Luftwaffe verlegte zudem sechs zusätzliche F-15-Kampfjets sowie ein Tankflugzeug ins Baltikum, die im Rahmen einer bestehenden NATO-Mission den Luftraum über Litauen, Estland und Lettland überwachen sollen.

Eisiges Gersprächsklima mit Moskau

Die bilateralen Beziehungen zwischen den USA und Russland sind auf einem Tiefpunkt. Washington setzte wegen der Krim-Krise die Militärzusammenarbeit mit Moskau sowie bilaterale Gespräche über Handel und Investitionen aus. Gemeinsam mit den anderen führenden Industriestaaten legten die USA außerdem die Vorbereitungen für den geplanten G-8-Gipfel im südrussischen Sotschi auf Eis.

Dennoch bemüht sich die US-Regierung, den Gesprächsfaden nach Moskau nicht abreißen zu lassen. Kerry telefoniert regelmäßig mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow, ein Gespräch am Dienstag verlief aber erneut ergebnislos. Auch Obama und Putin stehen in telefonischem Kontakt. Ziel des Westens ist die Einrichtung einer internationalen Kontaktgruppe, die einen Dialog zwischen Kiew und Moskau ermöglichen soll.

Die Bundeswehr bringt indes am Mittwoch 24 verletzte Ukrainer nach Deutschland. Ein Airbus wird am Nachmittag am Flughafen Berlin-Tegel erwartet. Die Patienten kommen zur Behandlung in Berliner Krankenhäuser, aber auch nach Ulm und Koblenz.

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