Krisenländer und Rettungsschirm: Irland und Spanien steigen aus

Die einstigen Krisenländer wollen die Rettungsprogramme verlassen. Das heißt nicht, dass Irland und Spanien die Krise überwunden haben.

Die Banken sind gerettet, aber viele Bürger fühlen sich alleingelassen. Bild: ap

BRÜSSEL/MADRID taz | Wie schafft man den Ausstieg aus der Euro-Rettung? Spanien und Irland versuchen es jetzt – mit einem Sprung ins Unbekannte. Ohne Netz und doppelten Boden, also ohne neue EU-Hilfen, wollen sich Madrid und Dublin aus den Rettungsprogrammen verabschieden und künftig wieder selbst am Markt finanzieren.

Die Eurogruppe wollte dazu am Donnerstagabend grünes Licht geben. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem sagte vor dem Treffen der Finanzminister: „Bei Spanien sieht es sehr gut aus.“ Zurückhaltender äußerte sich der Niederländer zu Irland. Die Regierung in Dublin müsse selbst entscheiden, ob sie noch einmal Hilfen aus Brüssel anfordert.

Ministerpräsident Enda Kenny stellte kurz danach klar, die Iren wollten auch vorsorglich keine weiteren Kredite anfordern. Irland war 2010 als erstes Land der Eurozone unter den Rettungsschirm geschlüpft. Dabei hatte es Kredite in Höhe von 67,5 Milliarden Euro in Anspruch genommen.

Das Land war wegen riskanter Geschäfte der Banken in die Schieflage geraten. Vor der Krise galt Irland als „keltischer Tiger“, die Staatsverschuldung lag stets unter den Vorgaben aus Brüssel. Von allen Krisenländern steht Irland am besten da. Doch das Wachstum wird auch dieses Jahr mit 0,3 Prozent mager.

Schlechter läuft es für Spanien. Auch die Iberer waren keine „Defizitsünder“, die Staatsverschuldung lag noch vor zwei Jahren niedriger als in Deutschland. Erst das 40 Milliarden Euro schwere Hilfsprogramm, das Berlin der damals noch sozialistischen Regierung in Madrid aufdrängte, führte zu einem drastischen Anstieg der Verschuldung. Denn der Staat sprang für die Banken ein, die sich in riskanten Immobiliengeschäften verspekuliert hatten.

Viel Geld für den Finanzsektor

Das hat schwere Auswirkungen auf Spaniens Wirtschaft und Sozialgefüge. Zu den 41,3 Milliarden Euro, die Madrid von den im europäischen Rettungsfonds tatsächlich bereitgestellten 100 Milliarden nutzte, kommen weitere 84 Milliarden an öffentlichen Geldern. Diese flossen in den durch die geplatzte Spekulationsblase angeschlagenen Finanzsektor. Ob das Geld jemals zurückkommt, darf bezweifelt werden.

Das staatliche Haushaltsdefizit wird 2015 die 100-Prozent-Marke überschreiten. Jeder Spanier hat somit 2.623 Euro an die Banken bezahlt. Das Rentenalter wurde erhöht, die Bezüge wurden gesenkt. Im öffentlichen Dienst wurden die Gehälter um 10 Prozent gekürzt, Weihnachts- und Urlaubsgeld gestrichen. Bei Gesundheit und Bildung wird ebenfalls gespart. Über 30 Prozent des Staatshaushaltes fließen mittlerweile in die Schuldendienste.

Die Banken sind gerettet, viele Bürger fühlen sich alleingelassen. Wegen der hohen Arbeitslosigkeit von über 26 Prozent können viele Familien ihre Wohnungskredite nicht mehr bedienen. 400.000 Zwangsräumungen zählten Betroffenenorganisationen seit 2007.

Die Regierung errichtete zwar eine „Bad Bank“, die einen Teil der Immobilien, deren Schulden nicht mehr bedient werden, übernahm. Doch die Banken sitzen noch auf der Rekordsumme von 12 Prozent an Krediten, die nicht mehr ordentlich bedient werden. Einst war Luis de Guindos bei Lehman Brothers für Südeuropa zuständig. Der heutige Finanzminister gesteht schon jetzt ein, dass auch in Zukunft Hilfen nötig sein könnten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.