Kritik an Bartsch zum Linken-Parteitag: Linksreformer wenden sich ab

Führende Linke erklären ihren Austritt aus der Parteiströmung „Forum Demokratischer Sozialismus“, der Hausmacht von Fraktionschef Bartsch.

Anja Mayer, die Landesvorsitzenden der Linken in Brandenburg sitzt bei einer Veranstaltung im Publikum

Die Vorsitzende der Brandenburger Linken, Anja Mayer, und andere prominente Politiker wenden sich von Fraktionschef Dietmar Bartsch ab (Archivbild) Foto: dpa

LEIPZIG taz | Die Linken-Fraktionsvorsitzenden von Berlin, Carola Bluhm und Udo Wolf, die Vorsitzende der Brandenburger Linken, Anja Mayer und die Berliner Vizechefin Sandra Brunner verlassen die Parteiströmung „Forum Demokratischer Sozialismus“ (FDS). In einem Brief an die Vorsitzende des FDS und die Mitglieder der Parteiströmung begründen sie kurz vor Beginn des Parteitages in Leipzig ihren Schritt. Sie kritisieren unter anderem das machttaktische Agieren Dietmar Bartschs und seiner Vertrauten (ohne Namen explizit zu nennen).

Das FDS gilt als Hausmacht von Fraktionschef Bartsch, der für den Reformerflügel der Linkspartei steht und gemeinsam mit der einst vom linken Parteiflügel aufgestellten Sahra Wagenknecht die Bundestagsfraktion seit 2015 führt.

„Sahra Wagenknecht, Oskar Lafontaine und die sie (unter)stützenden Genoss/-innen in Partei und Fraktionen haben nicht erst seit der vergangenen Bundestagswahl, aber besonders massiv seitdem, gerade gegen die Teile des Erfurter Programms verstoßen, für die wir als FDS gekämpft haben“, heißt es in dem Schreiben, dessen Inhalt der taz vorliegt. Die Kritik aus den Reihen des FDS an diesen „wiederholt vorgetragenen politischen Zumutungen“ falle verhalten aus. „Wenn überhaupt Kritik geäußert wird.“

Inzwischen fühle man sich in Fragen des Antirassismus, des Umgangs mit dem gesellschaftlichen Rechtsruck und der AfD eher mit Genoss/-innen die linken oder gar keinen Strömungen nahestehen verbunden und erfahre von dort mehr Unterstützung als aus der eigenen Strömung. „Das gibt uns zu denken.“

Ihre Erwartung an das FDS sei jedoch, „die Strategie der Verharmlosung der bewussten und gezielten Regelverletzung beim Thema Obergrenzen für Geflüchtete und die Begrenzung der Arbeitsmigration als den wesentlichen Punkten AfD-Wähler/-innen zur Linken zurückzuholen, konsequent abzulehnen.“

Kipping und Riexinger unterstützen

Durch das FDS verlaufe ein tiefer Riss, konstatieren Bluhm, Wolf, Mayer und Brunner, und zwar entlang der Frage: „Unterstützen wir als Linksreformer/-innen innerhalb der Partei die Linke auf Freundschaft und Loyalität eine politische (Macht-)Konstellation, die inhaltlich das Gegenteil unseres Gründungskonsenses propagiert …?“

Die vier FDS-Renegaten betonen auch, dass sie die Angriffe auf die beiden Parteivorsitzenden leid seien, und machen klar: „Auf diesem Parteitag unterstützen wir mit Überzeugung die Wiederwahl von Katja und Bernd zu Parteivorsitzendenn und wir unterstützen auch die Wahl von Jörg Schindler zum Bundesgeschäftsführer.“

Die Fraktionsspitze hatte Kritik an der Nominierung Schindlers geübt, als Gegenkandidat trat kurzfristig der ehemalige Thüringer Bundestagsabgeordnete Frank Tempel an. Das Verhältnis zwischen den beiden Fraktionschefs und dem Duo der Parteivorsitzenden ist desolat.

Das FDS wurde nach der Wahlniederlage der PDS 2002 gegründet. Es setzt insbesondere auf die Zusammenarbeit mit SPD und Grünen und propagiert eine pro-europäische Haltung der Linken.

Lesen Sie mehr zur Asyldebatte der Linkspartei – Unter Linken

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.