Kritik an Berliner Schulreform: Angst um die Gymnasien

Landeselternausschuss und Mitte-Bezirksbürgermeister laufen Sturm gegen den Vorschlag, die Gymnasialzulassung streng nach Noten zu regeln. Die Befürchtung: Schulsterben in Brennpunkten

Wenn's um die Schulen geht, meldet sich immer jemand, der was auszusetzen hat Bild: AP

Mit einem offenen Brief hat sich der Bezirksbürgermeister von Mitte, Christian Hanke (SPD), in die Debatte um die Zugangskriterien für den Gymnasialbesuch eingeschaltet. In dem Schreiben warnte Hanke davor, einen Notendurchschnitt von 2,0 als Kriterium anzusetzen. Damit bestehe die Gefahr, dass Gymnasien in Integrationsstadtteilen mangels Schüler komplett verschwinden würden.

Die Debatte über neue Zulassungskriterien ist eine Folge der Berliner Schulreform. Das Konzept, das Bildungssenator Jürgen Zöllner (SPD) in der vergangenen Woche vorstellte, sieht vor, ab 2010 Haupt-, Real- und Gesamtschulen zu einer Schulform, der Sekundarschule, zusammenzufassen. Die Gymnasien bleiben erhalten, allerdings ohne eine Besonderheit: Die Praxis, dass sie schlechte Schüler zum Beispiel nach dem Probehalbjahr auf andere Schulen schicken dürfen, soll gekippt werden. Da es in Zukunft nicht mehr möglich sein wird, zu große Klassen auf diese Weise zu verkleinern, wird die Zulassung zum Gymnasium neu geregelt werden. Bislang ist - bei ausreichend freien Plätzen an der gewünschten Schule - die Wahl der Eltern und Schüler ausschlaggebend.

Zur Debatte stehen nun mehrere Möglichkeiten: Die Linkspartei favorisiert eine Sozialquote auf freiwilliger Basis. "Die Gymnasien sollen eine bestimmte Anzahl von Kindern aus sozial benachteiligten Familien aufnehmen", erklärte Steffen Zillich, bildungspolitischer Sprecher der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus. Im Gegenzug könnten die Schulen, die sich auf das Modell einlassen, mehr Mitspracherecht bei der Auswahl der restlichen Schüler erhalten. Senator Zöllner lässt bislang offen, ob er eine Sozialquote, eine Regelung nach Wohnort oder nach dem Notendurchschnitt zum Ende der Grundschule bevorzugen würde.

Gegen eine Gymnasialzulassung nach Notendurchschnitt spricht sich nicht nur Hanke aus, sondern auch der Landeselternausschuss. Schon ein erforderlicher Durchschnitt von 2,5 würde die Zahl der Gymnasiasten in den siebten Klassen um 15 Prozent verringern. Das würde zur Reduzierung von Klassen, gegebenenfalls auch zur Schließung von Schulen führen, sagte der Vorsitzende André Schindler. Bei einem erforderlichen Durchschnitt von 2,0 würde die Zahl der Gymnasialanfänger sogar um 25 Prozent sinken.

Bürgermeister Hanke warnte weiterhin vor weitreichenden strukturellen Folgen eines Notendurchschnitts für die Zulassung. Wenn Schulen schließen müssten und in einigen Kiezen kein Angebot an Gymnasien mehr vorhanden sei, würden Mittelschichtfamilien nicht mehr dorthin ziehen, so Hanke in seinem Brief. Er forderte dagegen Anreize für Lehrer, die in Gebieten mit großen sozialen Problemen tätig sind.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.