Kritik an Weltgesundheitsorganisation: Versagen bei Ebola-Bekämpfung

Experten werfen der WHO vor, auf die Ebola-Epidemie zu spät und unzureichend reagiert zu haben. Chefin Chan gibt zu, dass eine Reform der Organisation nötig sei.

In Guinea, Liberia und Sierra Leone gab es 26.000 Ebola-Infizierte. Bild: dpa

GENF dpa | Die Weltgesundheitsorganisation hat bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie mit bislang etwa 11.000 erfassten Toten nach Einschätzung unabhängiger Experten kläglich versagt. In einem am Montag veröffentlichten Bericht werfen sie der in Genf ansässigen WHO vor, auf Warnungen von Hilfsorganisationen vor einer dramatischen Ausbreitung des Ebola-Virus in Westafrika viel zu spät und nicht entschlossen genug reagiert zu haben. Die UN-Sonderorganisation müsse dringend reformiert werden.

Insgesamt haben sich in Guinea, Liberia und Sierra Leone rund 26.000 Menschen mit dem Virus infiziert, seit die Krankheit im Dezember 2013 ausbrach. Liberia konnte inzwischen von der WHO wieder für ebolafrei erklärt werden. Doch die Welt müsse sich auf neue Ausbrüche einstellen, so die Experten. „Es wird von entscheidender Bedeutung sein, künftig innerhalb der WHO eine gesonderte Einheit für Krisenreaktionen zu haben“, heißt es in dem Bericht.

Erstellt wurde er unter Leitung von Dame Barbara Stocking von der Universität Cambridge. Stocking war bis 2013 Chefin der Hilfsorganisation Oxfam. Die Expertengruppe war im März 2015 auf Forderung zahlreicher der 194 WHO-Mitgliedstaaten berufen worden. Ihre Empfehlungen werden der 68. Weltgesundheitsversammlung vorliegen, die vom kommenden Montag (18.5.) an in Genf tagt. Sie ist das höchste Entscheidungsgremium der Organisation.

Aus dem Expertenbericht spricht immer wieder auch Fassungslosigkeit: Angesichts vorhandener Erfahrungen mit Virus-Ausbrüchen sei es „überraschend“, dass die WHO bis August 2014 gebraucht habe, um zu erkennen, dass die bislang schwerste und komplexeste Ebola-Epidemie nur durch eine Mobilisierung sämtlicher lokaler und internationaler Ressourcen einzudämmen sein würde. Erst im August hatte die WHO dem Drängen von Organisationen wie Ärzte ohne Grenzen (MSF) nachgegeben und den Internationalen Gesundheitsnotstand ausgerufen.

Substanzielle Veränderungen nötig

Spätestens ab Mai 2014 bis weit in den Juli seien bei der WHO immer wieder Warnungen vor dem Ausmaß der Epidemie eingegangen, die jedoch „nicht zu einer effektiven und adäquaten Reaktion“ geführt hätten, kritisiert der Bericht. Dadurch seien nichtstaatliche Organisationen, die in den betroffenen Ländern Hilfsprojekte durchführten, „mit einer Situation konfrontiert worden, auf die sie nicht vorbereitet waren“.

„Es ist jetzt der historische Moment gekommen, an dem Weltpolitiker der WHO neue Relevanz verleihen und sie in die Lage versetzen müssen, die Führungsrolle im globalen Gesundheitswesen auszufüllen“, heißt es mit Blick auf die Weltgesundheitsversammlung. „Für eine WHO, die fähig sein soll, angemessen auf Gesundheitskrisen zu reagieren, werden substanzielle organisatorische Veränderungen nötig sein.“

In Erwartung des Expertenberichts hatte die WHO bereits am 20. April schwere Fehler bei der Bekämpfung der Ebola-Epidemie eingestanden. Zugleich versprach sie grundlegende Verbesserungen im Umgang mit Seuchen. „Wir werden unsere Arbeitsweise verändern“, erklärte WHO-Chefin Margaret Chan und betonte ihrerseits, die Organisation müsse grundlegend reformiert werden.

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