Kritik an der „Grexit“-Debatte: Ist Merkel eine Angstbeißerin?

Österreichs Finanzminister hat die Bundesregierung zur Zurückhaltung in der Debatte um die Wahl in Griechenland aufgefordert. Sie solle keine „Drohkulisse“ aufbauen.

Der Finanzminister ganz lässig zurückgelehnt. Bild: reuters

BERLIN afp | In der Debatte über einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone mehren sich die Forderungen an die Bundesregierung, Zurückhaltung zu üben. Österreichs Finanzminister Hans Jörg Schelling sagte der Zeitung Die Welt vom Dienstag, es sei weder angebracht, sich „in die Wahlkämpfe anderer Länder“ einzumischen, noch die in einem Wahlkampf getroffenen Aussagen überzuinterpretieren. Der SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor diesem Hintergrund.

Schelling sagte der Welt, es gelte nun, zunächst „in Ruhe den Ausgang der Wahlen abzuwarten“, die Ende Januar in Griechenland stattfinden. Bei den Parlamentswahlen könnte die linke Syriza-Partei stärkste Kraft werden. Deren Vorsitzender Alexis Tsipras fordert eine Abkehr vom strikten Sparkurs sowie Verhandlungen über einen Schuldenschnitt mit den internationalen Gläubigern.

Aus diesem Anlass wird derzeit kontrovers über eine mögliche Abkehr Athens vom Euro („Grexit“) debattiert. Der Spiegel hatte am Wochenende unter Berufung auf Regierungskreise gemeldet, in der Bundesregierung werde ein Austritt Griechenlands aus der Eurozone inzwischen als hinnehmbar eingestuft. Schelling sagte der Welt dazu, er gehe davon aus, dass Griechenland seine Auflagen auch nach den Wahlen „so wie bisher einhält und damit zu den getroffenen Vereinbarungen auch weiterhin steht“.

Auch der Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter forderte die Regierung auf, die Wahl in Griechenland abzuwarten und das Ergebnis zu respektieren, „anstatt vorher Drohkulissen aufzubauen“. Er sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Dienstag, dem in Griechenland vorherrschenden Gefühl, von Europa erpresst zu werden, dürfe die Regierung „nicht weiter Vorschub leisten“.

FDP-Chef Christian Lindner warnte im Gespräch mit derselben Zeitung davor, den Austritt Griechenlands aus dem Euro „regelrecht herbeizureden“. Damit würden die Fortschritte in der gesamten Eurozone leichtfertig aufs Spiel gesetzt. Einen Austritt hält er selbst allerdings zwar nicht für „wünschenswert“, allerdings für „verkraftbar“.

Der SPD-Politiker Kahrs ging mit Merkel hart ins Gericht. Sie leite aus Angst vor der eurokritischen Partei AfD, aus innenpolitischen Gründen sowie „ohne sachliche Begründung eine Kehrtwende unserer Europapolitik ein“, sagte der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises der Online-Ausgabe des Handelsblatts. Dabei werde „ohne Not mit dem Euro-Austritt gezündelt“.

Kahrs betonte, es sei wichtiger, von Griechenland die Fortführung der Reformpolitik zu fordern. Er warnte vor „unkalkulierbaren Folgen“, sollte Griechenland die Gemeinschaftswährung verlassen.

Syriza-Chef Tsipras selbst kritisierte die Debatte. In einem Beitrag für die Internetzeitung Huffington Post warf er der Bundesregierung vor, „Ammenmärchen und Geschichten vom Austritt Griechenlands“ zu erzählen. Seine Partei beschrieb er als „Aussicht auf einen Kurswechsel für ganz Europa“.

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