Kritik bei Maritimer Konferenz: Maschinenbauer gegen Merkel

Wirtschaftsvertreter kritisieren die Politik der Bundesregierung bei der Offshore-Windenergie und bemängeln den Zustand des Nord-Ostsee-Kanals.

Anlass für Unstimmigkeiten: Nordostsee-Kanal. Bild: dpa

KIEL taz | Thorsten Herdan nimmt kein Blatt vor den Mund: „Investitionsunsicherheit für die Offshore-Windindustrie ist die Botschaft dieser Konferenz“, stellte der Vorstand des Verbandes Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA) am Dienstag auf der 8. Nationalen Maritimen Konferenz in Kiel klar. Als Berichterstatter des Offshore-Workshops forderte Herdan die Bundesregierung auf: „Das muss schnellstens geändert werden.“

Damit widersprach er als Sprecher der VertreterInnen von Wirtschaft, Gewerkschaften, Verbänden und Wissenschaft offen den Positionen des Bundes. So hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Vortag bei ihrer eher vagen Eröffnungsrede behauptet, alle Hemmnisse für die Offshore-Industrie seien beseitigt. „Sonntagsreden“, entgegnete Herdan nun, seien entbehrlich.

„Wir brauchen Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen“, sei die Position des Workshops. Herdan malte schwarz: „Ohne die Offshore-Windindustrie wird die Energiewende nicht gelingen.“

Zuvor hatte auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) erklärt, er „erwarte von der Bundeskanzlerin und der gesamten Bundesregierung, dass sie sich ohne Wenn und Aber hinter den Ausbau der Offshore-Windenergie stellt“. Einen „klaren Fahrplan“ mahnte er an: 10.000 Megawatt Offshore-Strom bis 2020, 35.000 MW bis 2030. Das entspräche der Leistung von rund 30 großen Atom- oder Kohlekraftwerken.

Genehmigt oder im Bau seien Windparks für 3.000 MW – und danach sei alles offen, sagt Herdan. Deshalb sei „die dringende Bitte der Konferenz an die Politik: „Lösen Sie das Offshore-Problem.“

Auch bei einem zweiten norddeutschen Thema bekam der Bund mächtig Druck von der Konferenz. Der milliardenschwere Sanierungsstau auf dem Nord-Ostsee-Kanal droht zu Umschlagsverlusten in allen norddeutschen Häfen zu führen. Derzeit wird die Schleuse in Brunsbüttel um eine dritte Kammer erweitert, der weitere Ausbau für die immer größer werdenden Schiffe ist jedoch nicht gesichert. Als Verbindung zwischen Nord- und Ostsee ist der Kanal die meistbefahrene künstliche Wasserstraße weltweit – ihn passieren pro Jahr mehr Schiffe als den Panama- und den Suez-Kanal zusammen.

Die Nationale Maritime Konferenz (NMK) wurde im Jahr 2000 von der rot-grünen Bundesregierung ins Leben gerufen.

Ihre Aufgabe ist es, Maßnahmen zur Sicherung und Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der maritimen Wirtschaft zu entwickeln und so den maritimen Standort Deutschland zu stärken.

Federführend ist das Bundeswirtschaftsministerium, wo ein "Koordinator für die maritime Wirtschaft" im Rang eines Staatssekretärs ansässig ist.

Die erste Konferenz fand im Jahr 2000 in Emden statt; seitdem tourt sie in zweijährigem Rhythmus durch die fünf norddeutschen Küstenländer. Die inzwischen neunte NMK findet voraussichtlich 2015 zum zweiten Mal in Bremen statt.

Noch, ist die Befürchtung in Schleswig-Holstein. Wenn Reeder auf den Umweg über das Skagerrak ausweichen würden, weil das immer schiffbar sei, habe das auch Folgen für die Häfen von Hamburg, Bremerhaven und Wilhelmshaven. Dann führen die großen Frachter direkt von Rotterdam nach Kopenhagen, so die Befürchtung.

Fast einen Eklat hätte es deshalb auf dem Abendempfang am Montag gegeben. Die Gastgeberin, Kiels Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke (SPD), hatte in ihrem Grußwort Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) unterstellt, kurz vor der Landtagswahl in Bayern Geld aus seinem Ressorthaushalt dorthin umverteilt zu haben. Ob dieser „Unverschämtheit“ drohte der Minister damit, die Konferenz zu verlassen.

Doch er blieb. Und stellte am Dienstag in seiner Abschlussrede auf dem Kongress klar, dass er für den raschen Ausbau des Nord-Ostsee-Kanals gerne Geld hätte – aber nicht habe.

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