Küstenorte verärgert über Gratis-Strände: Gebühren weg – Kot bleibt

Das Urteil zur kostenfreien Strandnutzung erfreut den Tourismusverband. Küstenorte wollen deswegen Müll und Hundekot nicht mehr entfernen.

Ein Mann und eine Frau sitzen in einem Strandkorb und dösen in der Sonne

Gebührenfreies Nickerchen im Strandkorb: Nordseeurlauber können wieder träumen Foto: Ingo Wagner/dpa

HAMBURG taz | Reinhard Meyer ist zufrieden mit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Strandgebühr: „Es ist positiv, dass der freie Zugang zum Strand jetzt gewährleistet ist“, kommentiert der Präsident des deutschen Tourismusverbandes das Urteil der Leipziger Bundesrichter. Diese haben in einem Rechtsstreit über den kostenpflichtigen Zugang zum Strand in der ostfriesischen Gemeinde Wangerland den beiden Klägern Recht gegeben und die Eintrittsgebühren für zwei Strände für rechtswidrig erklärt.

Die Tatsache, dass die Gemeinde den Strand sauber halte und Sand aufschütte, reiche als Begründung nicht aus, um an fast dem gesamten Küstenabschnitt Eintritt zu verlangen. Eine Gebühr sei nur dort rechtens, wo die Gemeinde etwa mit Kiosken, Umkleidekabinen und Toiletten für eine höhere Badequalität sorge, begründete der 10. Senat sein Urteil.

„Nur wer Qualität bietet, kann dafür Geld verlangen“, findet Meyer, der bis Ende Juni als SPD-Wirtschaftsminister in Schleswig-Holstein selbst für den Tourismus im Land zwischen den Meeren zuständig war. „Die Gäste erwarten zu Recht einen Gegenwert, wenn sie zur Kasse gebeten werden.“ Ein Vorbild dafür könne die Schwarzwaldcard sein. Mit dieser Gästekarte können Touristen in 146 Ferienorten in der Schwarzwald-Region kostenlos mit Bus und Bahn fahren und erhalten zudem kostenlosen oder vergünstigten Eintritt in über 120 Freizeiteinrichtungen. „Das ist die Zukunft“, sagt Meyer.

Im Sommer vorigen Jahres hatte er selbst für die Abschaffung der Strandgebühren an der schleswig-holsteinischen Nord- und Ostsee plädiert. „Es ist ein Marketing-Effekt, wenn wir sagen könnten: Schleswig-Holstein bietet überall freien Zugang zum Strand.“ Meyer verwies damals auf das Ostseebad Eckernförde oder den nördlichen Nachbarn Dänemark, wo ein Strandbesuch nichts koste. Allerdings scheiterte der Minister damals am Widerstand der Kur- und Badeorte.

Frei zugänglicher Naturstrand mit Müll und Kot

Die niedersächsische Städte- und Gemeindebund hingegen will an den Strandgebühren gern festhalten. Mit diesen Einnahmen könnten Strände erhalten und gereinigt werden. In Wangerland mit seinen 10.000 Einwohnern kämen Kosten von 800.000 Euro pro Jahr zusammen. „Wenn die Einwohner diese Kosten tragen müssten, käme pro Kopf ein Betrag von 80 Euro zusammen“, gab der Verband zu bedenken.

Reinhard Meyer, Deutscher Tourismusverband

„Nur wer Qualität bietet, kann dafür Geld verlangen“

Wangerlands Bürgermeister Björn Mühlena (SPD) will nur noch dort, wo es Gastronomie, Sanitäranlagen und Strandkörbe gebe, weiterhin Eintritt verlangen. Der Rest solle frei zugänglicher Naturstrand werden, den die Gemeinde nicht mehr von Müll und Hundekot befreien werde, so Mühlena: „Wir werden uns auf die Bereiche zurückziehen, die wir bewirtschaften können.“

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