Kulturpolitik: Interview mit Lisa Kosok, Chefin des Hamburgmuseums: "Die guten Konzepte sind da"

Die Chefin des Hamburgmuseums hat es satt, auf städtisches Geld zu warten. Nun sammelt sie selbst für die Sanierung ihres einigermaßen eingestaubten Museums

Hätte gern zwölf Millionen für ihr Museum: Lisa Kosok Bild: Miguel Ferraz

taz: Frau Kosok, warum erzählt Ihr Museum ausschließlich vom Großbürgertum?

Lisa Kosok: Das tut es nicht. Aber den Grundstock der Sammlungen bildeten die „Sammlung Hamburgischer Altertümer“ und das, was dem Verein für Hamburgische Geschichte angetragen wurde. Damit waren die Schwerpunkte ursprünglich im „bürgerlichen Lager“ angesiedelt.

Welche Schwerpunkte sind das?

Einerseits Schmuckteile repräsentativer Gebäude, die nach dem Hamburger Brand von 1842 gesichert worden waren und beim Neubau des Museums in das Gebäude integriert wurden. Außerdem gibt es eine Grafik- und Gemäldesammlung unter anderem von bedeutenden Hamburger Bürgern sowie Textil- und Waffensammlungen aus dem 17. und 18. Jahrhundert. Frühere Sammlungsschwerpunkte führen dazu, dass wir heute bei anderen Themen Defizite haben. Das ist aber normal.

Was tun Sie dagegen?

57, Historikerin und Germanistin, ist seit Juli 2008 Chefin des Museums für Hamburgische Geschichte. Zuvor hatte sie das Museum der Arbeit geleitet. Bis 2009 war sie zudem Vorsitzende der Stiftung Historische Museen.

Wir betreiben, so gut es geht, Sammlungsausbau. Wir sammeln Exponate zum Thema Migration oder zur Populärkultur, um etwa die Lebensgewohnheiten derjenigen zu dokumentieren, die anderen kulturellen Milieus angehörten oder nicht wohlhabend waren.

Und ansonsten kann das Haus so bleiben?

Natürlich nicht! Viele heute für die Stadtgeschichte wichtige Themen müssen ergänzt oder neu aufbereitet werden. Heute interessieren unsere Besucher die Vielfalt der Kulturen und die besonderen politischen und sozialen Bewegungen Hamburgs. Dazu gehören auch die Anti-AKW-Bewegung oder das Gängeviertel sowie Biografien von Einwanderern. Zudem brauchen wir ganz praktische Verbesserungen. Die reichen von der ordentlichen Wegeführung bis zur Barrierefreiheit.

Und was machen Sie jetzt?

Vorweg: Wir wissen, dass der Zustand des Museums überarbeitungswürdig ist. Das liegt nicht daran, dass wir keine Ideen und Konzepte haben. Wir arbeiten schon länger am Erneuerungskonzept, wir haben Besucher befragt, wir wissen, was zu tun ist. Allein, es fehlt am Geld.

Was monieren die Besucher?

Sie wünschen sich einen roten Faden bei den Ausstellungen. Und sie möchten – wie peinlich für uns – mehr Hamburgthemen. Unser Museum muss „benutzbarer“ werden.

Deshalb wollen Sie alles umbauen?

Ja, Sie können an unserer neuen Dauerausstellung über Hamburgs Stadtentwicklung im 20. Jahrhundert sehen, wie gut es gelingen kann, wenn man Geld in die Hand nimmt und in Verbesserungen investiert.

Die Kulturbehörde hat gesagt, für einen Masterplan gibt sie eventuell Geld.

Ja, seit Jahren wird suggeriert, dass wir für gute Konzepte auch die nötigen Mittel bekommen. Die guten Konzepte sind nun da, und die Versprechungen weichen einer Realität, die aus weiteren Sparquoten besteht. Und da muss man irgendwann sagen: Wir versuchen jetzt, so viel Geld wie möglich von anderer Stelle zusammenzubekommen, anstatt bis zum St. Nimmerleinstag auf das Geld aus dem Kulturetat zu hoffen.

Wie viel Geld brauchen Sie?

Technischer Umbau, Investition in Infrastrukturen, Gastronomie und Ausstellungs-Erneuerung werden insgesamt rund zwölf Millionen Euro kosten.

Die Stadt finanziert gar nichts?

Ich hoffe, dass es aus dem Investitionshaushalt in den nächsten fünf bis sechs Jahren jeweils eine Million pro Jahr gibt. Die anderen sechs Millionen versuche ich zusammenzubringen – durch Drittmittel, Sponsoren, Stiftungen und sonstige Förderer.

Bis wann wollen Sie das Geld akquiriert haben?

In ein bis zwei Jahren.

Fühlen Sie sich von der Politik im Stich gelassen?

Kein Kommentar.

Identifizieren sich Hamburgs Politiker überhaupt mit dem Museum?

Ich glaube, die Politik möchte, dass die Kulturinstitutionen reibungslos funktionieren. Statt in gute Museumsprojekte, investiert sie aber in zusätzliche Verwaltung. Das führt dazu, dass die Museen seit einigen Jahren leider zu den – schlecht geredeten – Sorgenkindern geworden sind.

Leiden die Museen unter dem Desaster Elbphilharmonie?

Ja. Das heißt nicht, dass wir deshalb weniger Geld bekommen, aber das Klima für mutige Kulturprojekte ist dadurch stark beschädigt worden.

Ein Beispiel?

Wenn der Masterplan für das Hafenmuseum vorgestellt wird, heißt es gleich: „So fing die Elbphilharmonie auch an.“ Und wenn ich eine Präsentation für das Hamburgmuseum mache, lautet die erste Frage: Ist das eine valide Schätzung, oder explodieren die Kosten genauso wie bei der Elbphilharmonie?

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.