Kurden in Deutschland: Mehr Skepsis denn Feierstimmung

Kurden reagieren bei den Newroz-Feiern verhalten optimistisch auf die Ankündigung von PKK-Chef Öcalan zur Waffenruhe.

Hoffen auf Frieden. Bild: Reuters

BONN taz | Vielleicht liegt es am Wetter. Auf den Platz zwischen Telekom-Gebäude und Rhein in Bonn-Beuel sind etwa 15.000 Menschen gekommen, um das kurdische Neujahrsfest „Newroz“ zu feiern. Es ist eisig kalt, der Boden ist matschig. Vor der großen Bühne wehen Dutzende von Fahnen mit dem Porträt des in der Türkei inhaftierten PKK-Chefs Abdullah Öcalan. Aber es kommt keine Feierstimmung auf. Nichts weist darauf hin, dass für die Menschen auf dem Platz eine neue Ära beginnen könnte.

Öcalan hat vorige Woche das Ende des bewaffneten Kampfes in Kurdistan angekündigt. Beim Newrozfest im kurdischen Diyarbakir nahmen Hunderttausende die Botschaft begeistert auf, denn erstmals seit 30 Jahren besteht eine echte Chance auf Frieden in der Region. Doch bis nach Bonn-Beuel ist die Begeisterung nicht geschwappt.

Die Leute auf dem Platz begrüßen Öcalans Ansage. Widerspruch ist im autoritären PKK-Umfeld nicht zu erwarten. „Der Kampf geht weiter mit demokratischen Mitteln“, sagt Nigazi Öztas, Vorstandsmitglied von Yek-Kom, der Föderation kurdischer Vereine in Deutschland. „Ich bin sehr optimistisch.“ Aber in seiner Stimme schwingt keine Zuversicht. Er weiß, dass viele hier seinen Optimismus nicht teilen. „Die Menschen sind skeptisch“, erklärt er. Viele denken an 1999. Damals hat Öcalan nach seiner Verhaftung die PKK-Kämpfer zum Rückzug aufgerufen. Die türkische Regierung nutzte das aus und tötete fast 500 Menschen.

Eher um sich aufzuwärmen, als um zu feiern, haken sich auf dem Platz hier und da Leute unter und beginnen zu tanzen. Immerhin: Unter den ganz Jungen sind einige überschwänglich. „Ich glaube, dass jetzt der Frieden beginnt“, sagt die 16-jährige Mitriba, die schon oft in Kurdistan war. „Wir haben so viele Leute verloren. Und die andere Seite auch. Das muss aufhören.“ Bei den Älteren überwiegt die Skepsis. In Deutschland sei nur die Friedensbotschaft Öcalans angekommen, sagt Nurettin Bayrak . „Öcalan hat aber auch Forderungen gestellt“, sagt er. Geht die türkische Regierung nicht darauf ein, wird es mit dem Frieden nichts, steht für ihn fest. „Die türkische Regierung muss das kurdische Volk endlich akzeptieren“, fordert auch Mehmet Günes. „Sonst geht der Kampf weiter.“

Nicht alle hier haben nur politische Interessen. Kurdistan ist auch eine Geschäftsidee. Unter den Ständen rings um den Platz ist auch der eines pakistanischen Telekommunikationsanbieters. Nebenan verteilt ein Mann ein kurdisches Branchenbuch für Deutschland. Ob der Friedensprozess gut oder schlecht für die Geschäfte ist, vermag er nicht zu sagen. „Mich stört er jedenfalls nicht“, sagt er.

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