Länder zahlen Zeche für HSH Nordbank: Havariekommando im Anmarsch

Hamburg und Schleswig-Holstein wollen für 16,2 Milliarden Euro die HSH Nordbank retten. Das könnte die Haushalte beider Länder nahezu ruinieren.

Die HSH Nordbank ist eigentlich längst untergegangen, aber die Rettung wird noch mal teuer für Hamburg und Schleswig-Holstein Foto: dpa

HAMBURG taz | Jetzt wird es richtig teuer: Eine Kreditermächtigung in Höhe von 16,2 Milliarden Euro für die marode HSH Nordbank hat die rot-grüne Mehrheit in der Hamburger Bürgerschaft am gestrigen Mittwochabend gegen die Stimmen der Opposition beschlossen. Die Konfliktlinien im Parlament wurden dabei überdeutlich, denn ergänzende Änderungsanträge von CDU und FDP wurden von der Koalitionsmehrheit abgelehnt.

Der CDU ist die Rettung der Nordbank zu teuer, sie will die Haftung der Länder auf 10,6 Milliarden Euro beschränken. Die FDP will grundsätzlich „keinen Blankoscheck ausstellen“ und die Linke will die staatliche Landesbank am liebsten sofort schließen. Doch so oder so droht den Eigentümerländern Hamburg und Schleswig-Holstein das größte Finanzdebakel ihrer Geschichte mit Risiken, die höher sind als ihre Jahreshaushalte.

Aus Sicht der Linkspartei sind diese Risiken untragbar. Als einzige politische Kraft in beiden Bundesländern fordert sie die Abwicklung der Bank, „um das öffentliche Eigentum zu schonen“, sagte ihr Haushaltsexperte Norbert Hackbusch. „Die Beendigung der Geschäftstätigkeit der HSH Nordbank ist die sinnvollste und für Steuerzahler günstigste Alternative.“

Die rot-grünen Mehrheiten in beiden Ländern wollen hingegen eine Einigung mit der Europäischen Kommission von Anfang Oktober umsetzen. Dazu soll mit einem Staatsvertrag das Institut nach der Aschenputtelmethode aufgeteilt werden: Die guten Teile kommen ins Töpfchen, die schlechten ins Kröpfchen – einer neu zu gründenden Abwicklungsanstalt namens „HSH Portfoliomanagement AöR“. Die von ihren Altlasten befreite Kernbank hat dann zwei Jahre Zeit, um sich auf dem Markt zu behaupten.

Die HSH Nordbank ist die Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein. Landesbanken sind Kreditinstitute, die für Bundesländer Bankgeschäfte ausführen und deren Wirtschaftsförderung unterstützen.

Sie gehört zu rund 85 Prozent Hamburg und Schleswig-Holstein, der Rest dem Sparkassen- und Giroverband für Schleswig-Holstein.

Die Bank mit Sitz in Hamburg und Kiel beschäftigt rund 2.500 MitarbeiterInnen. 2014 hatte sie eine Bilanzsumme von 110 Milliarden Euro.

Hamburg und Schleswig-Holstein hatten ihre Landesbank 2009 mit einer Kapitalspritze von drei Milliarden Euro und einer Garantie von zehn Milliarden gerettet, als das Geldhaus im Zuge der Finanzkrise zusammenzubrechen drohte.

Gelingt das, wird sie auf Geheiß der EU-Kommission 2018 in Teilen oder vollständig verkauft, die Erlöse in unbekannter Höhe streichen Hamburg und Schleswig-Holstein aufatmend ein. Die Bad Bank voller fauler Altkredite aus Schiffsfinanzierungen für inzwischen bankrotte Reedereien aber fällt in Gestalt der Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) den beiden Ländern zur Last.

Ein Abenteuer, dass diese mit reichlich Glück in zwei Jahren halbwegs unbeschadet überstehen könnten: Dann würde sie das Havariekommando nur runde fünf Milliarden Euro gekostet haben – pro Land. Für diese Summe hätte sich Hamburg sechs weitere Elbphilharmonien leisten oder Olympische Spiele fast vollständig ohne Unterstützung des Bundes stemmen können. Wenn es aber schlecht läuft, wird es noch deutlich teurer.

Sollten Hamburg wie auch Schleswig-Holstein für ihre Garantien tatsächlich in vollem Umfang einstehen müssen, müssten sie Kredite in Milliardenhöhe aufnehmen. Je nach Zinsniveau würde das die Länderhaushalte mit jährlich bis zu 200 Millionen Euro Zinszahlungen belasten – eben die Summe, die Hamburg über sechs Jahre für Olympische Spiele hätte aufbringen wollen. Bei der Nordbank indes würde dieser Betrag schlicht versickern und die Milliardenschulden selbst müssten die Länder anschließend auch noch tilgen.

Ähnlich unterschiedlich wie in Hamburg sind die politischen Einschätzungen auch in Schleswig-Holstein. Das Land will nächste Woche über den Staatsvertrag entscheiden. Die CDU will nicht zustimmen, kündigte Fraktionschef Daniel Günther bereits an, weil die Landesregierung „jeden Nachweis schuldig bleibt, dass dies der günstigste Weg für die Steuerzahler ist“. Die eingeplanten Summen seien zu hoch angesetzt. „Einen Blankoscheck darf es nicht geben. So lange wir den Wert der Ramschpapiere nicht kennen, setzen wir die Ermächtigung deshalb niedriger an“, sagte Günther. Sie müsse auf 10,6 Milliarden Euro begrenzt werden.

Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) hält diese Summe für „aus der Luft gegriffen“. Die CDU-Position widerspreche der bereits erzielten Einigung mit der EU-Kommission. „Dann wäre diese Verständigung aufgekündigt. Die Folge wäre die „sofortige Abwicklung“, sagte Heinold. Eben dieses Risiko wollen die Regierungen beider Länder nicht eingehen. Sie spielen auf Zeit und setzen auf die Hoffnung, dass das Finanzdesaster mit der Nordbank geringer werden könnte. Der Ergebnisse indes sind nur zwei möglich: Es geht nicht gut aus – oder richtig schlecht.

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