Lärmschutz am Flughafen Tegel: Die "Lex Tegel" könnte doch noch für Ruhe sorgen

Wenn der BER erst nach 2017 eröffnet, kriegen Tegel-Anwohner vielleicht Lärmschutz.

Flughafen Tegel. Bild: DPA

Seit nunmehr acht Jahren wird den etwa 300.000 Menschen in Spandau, Reinickendorf, Pankow und Wedding, die rund um den Flughafen Tegel wohnen, ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit ganz legal vorenthalten. Im Jahr 2007 regelte eine Novelle des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm, dass die Lärmwerte rund um zivile Flughäfen gesenkt werden müssen. Eine Ausnahme allerdings wurde ins Gesetz geschrieben: Für Flughäfen, die in den nächsten zehn Jahren geschlossen werden, gilt dies nicht. Man nennt diesen Absatz 7 in Paragraf 4 des Gesetzes auch „Lex Tegel“.

Im Klartext: Der Bund hat 2007 eine Gesetzesnovelle erlassen, die die Gesundheit der BürgerInnen vor Lärmemissionen besser schützen soll – er hat darin aber eine riesige Personengruppe definiert, für die dieses Recht nicht gilt. Bisher hat das, sagen Betroffene aus der Umgebung von Tegel, niemanden interessiert. Über den fehlenden Lärmschutz rund um den bisher nicht funktionierenden Flughafen BER werde gern und ausführlich berichtet, beklagen etwa Nutzer der Facebook-Plattform „Danke Tegel“. Aber die Realität rund um den Flughafen Tegel werde ignoriert.

In dieser Woche mehrten sich Hinweise, dass der neue Flughafen BER auch 2017 noch nicht eröffnet ist. Deswegen könnte die „Lex Tegel“ wieder ins Blickfeld geraten. Nach Schätzungen der Bild-Zeitung würde der adäquate Schallschutz rund um den Flughafen Tegel etwa 2,5 Milliarden Euro kosten. Dem Senat ist das Problem offensichtlich bekannt. Als im Sommer Anwohner von TXL mit ihren Klagen auf Schallschutz vor dem Oberverwaltungsgericht scheiterten, sagte Reiner Geulen, der Rechtsvertreter des Senats, am Rande, dass laut seiner Expertise die „Lex Tegel“ gar nicht zehn Jahre ab Verabschiedung des Gesetzes, also ab 2017, gelte, sondern „vielleicht ab 2019“. Warum erst dann? Weil den Kommunen nach der Verabschiedung des Gesetzes zwei Jahre gegeben wurde, die betroffenen Lärmbereiche zu definieren, so Geulen. Deswegen liefen, seinem juristischen Sachverstand nach, die zehn Jahre erst 2019 aus.

Geulens Worte zeigen: Der Senat sorgt sich, was mit TXL passiert, wenn der BER auch 2017 nicht eröffnet. Im Umkehrschluss bedeutet dies wohl auch: Man weiß, dass er 2017 nicht eröffnet, sonst müsste man es sich nicht fragen. Und sonst müsste man nicht eruieren, mit welcher Argumentation die „Lex Tegel“ – die im Grunde bestätigt, dass Fluglärm das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit bricht – über das Jahr 2017 für rechtsgültig erklärt werden kann.

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