Lage von Homo- und Transsexuellen im Irak: Gefoltert und abgeschlachtet

Obwohl die Lage von Homo- und Transsexuellen im Irak verheerend ist, lehnt die Bundesregierung ein humanitäres Aufnahmeverfahren ab. Kritik kommt von den Grünen und von Amnesty.

Zärtlichkeiten unter Männern sind im Irak problemlos, bei Outing droht Schwulen aber Mord. Bild: martin reichert

BERLIN taz | Die Bundesregierung stuft die Lage von Homo- und Transsexuellen im Irak als besorgniserregend ein, beabsichtigt jedoch kein humanitäres Aufnahmeverfahren speziell für IrakerInnen, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung bedroht sind. Das geht aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen hervor.

Nachdem die taz im August über die Lage von Homosexuellen im Irak berichtet hatte ("Bei Outing Mord"), wollten die Grünen von der Bundesregierung wissen, inwieweit sie sich für die Menschenrechte der Homo- und Transsexuellen im Irak einsetzt. In der Antwort (PDF) führt die Bundesregierung aus, dass das Thema bei den irakischen Behörden mehrfach angesprochen wurde und Homosexualität in von der Regierung geförderten Trainings für Behörden- und Ministeriumsmitarbeitern thematisiert wird.

Das begrüßt Volker Beck von den Grünen: "Es ist gut, dass die Bundesregierung die Lage der Menschenrechte von Schwulen, Lesben und Transgendern im Irak im Blick hat", sagt er. Zugleich kritisiert Beck aber die Ablehnung eines humanitären Aufnahmeprogramms angesichts der dramatischen und lebensbedrohlichen Lage als "völlig unverständlich".

Im vergangenen Jahr hatte die Regierung 2.500 IrakerInnen im Rahmen einer europaweiten humanitären Flüchtlingsaktion aufgenommen. In erster Linie waren es Flüchtlinge, die wegen ihrer Glaubens verfolgt wurden. Im Kritierienkatalog kam die Bedrohung aufgrund der sexuellen Orientierung nicht vor.

Die Regierung argumentiert, dass irakische Asylbewerber, die "eine drohende Verfolgung wegen ihrer sexuellen Neigung glaubhaft machen können", schon jetzt in der Regel als Asylberechtigte oder Flüchtlinge nach der Genfer Konvention anerkannt werden.

Das zu belegen fällt schwer. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhebt nicht die Gründe, die Asylbewerber bei ihrem Antrag angeben. Den Grünen und der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) sind daher keine derartigen Fälle bekannt.

"Grundsätzlich wird in solchen Asylverfahren oft die Homosexualität der Antragssteller in Frage gestellt", sagt Ruth Jüttner von AI. Oft argumentierten die Gerichte auch, dass die sexuelle Orientierung im Herkunftsland ja diskret ausgelebt werden könne, so niemand davon erfahre.

"Das ist kritisch zu beurteilen. Gerade in arabischen Ländern wie Iran und Irak sollte auch die grundsätzliche Gefährdung für Homosexuelle berücksichtigt werden", so Jüttner. Es komme etwa zu Anzeigen bei der Polizei durch verlassene Ex-Partner, in deren Folge es zu Festnahmen, Misshandlungen und Folter kommen kann. Milizen hätten nach Denunziation Homosexuelle verschleppt, schwer gefoltert und getötet.

Der Irak gilt als eines der gefährlichsten Länder für Homo- und Transsexuelle. Zwar stellen seit 2003 homosexuelle Handlungen keinen Straftatbestand mehr dar, dennoch finden zahlreiche Angriffe und Tötungen vor allem durch Stammes- oder Familienmitgliedern statt. AI hat seit dem Jahr 2005 fünfhundert Fälle dokumentiert, in denen islamische Milizen Schwule gefoltert und abgeschlachtet haben.

Allein im Juni und Juli diesen Jahres berichtet die Organisation Iraqi-LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual an Transgender), die ihren Sitz in London hat, von sieben Fällen, bei denen schwule Männer im Irak ermordet oder verschleppt wurden.

Wie aus der Antwort der Bundesregierung hervorgeht, liegen Deutschland zu den aktuellen Fällen, in denen Schwule im Irak ermordet oder verschleppt wurden, keine eigenen Erkenntnisse vor. Man sei „jedoch bestrebt, über die Mission der Vereinten Nationen in Irak und entsprechende NGOs weitere Informationen zu erhalten.“

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