Landarbeiter*innen in Indonesien: Mit Zement gegen Fabriken

Bäuer*innen aus dem Kendeng-Gebirge kämpfen um ihr Land. Mit einzementierten Füßen protestieren sie vor dem Präsidentschaftspalast.

Zwei Füße in einem Zementblock

Schon im vergangen Jahr wurde diese Form des Protests gewählt Foto: imago/Zuma Press

BERLIN taz | Sie sitzen stumm auf Klappstühlen im grellen Sonnenlicht. Zehn Bäuer*innen, die seit Montag in Jakarta vor dem Präsidentenpalast demonstrieren. Vor sich halten sie die typischen Strohhüte der Reisbauern, bemalt mit schwarzer und roter Farbe. „Gegen die Zementfabrik!“ steht darauf. Ihre Füße stecken in Holzbottichen, die bis zu den Waden reichen. Aussteigen oder weglaufen können die Bäuer*innen nicht, sie haben sich einzementiert.

Mit der drastischen Aktion wollen die Landarbeiter*innen aus Zentraljava auf ihre verzweifelte Lage aufmerksam machen. Sie leben am Fuß des Kendeng-Gebirges, einer Karstformation mit vielen unterirdischen Wasserspeichern und einem einzigartigen Ökosystem. Dieser Karst ist unverzichtbar. Seit Jahrhunderten sichern die Erträge der Landwirtschaft den Lebensunterhalt der meisten Menschen hier. Doch mit dem Bau von Zementfabriken ist das Ökosystem in Gefahr. Für die Zementindustrie ist der Kalkstein nicht mehr als eine Baustoffgrundlage.

Im Landkreis Rembang steht eine Fabrik des indonesischen Staatskonzerns Semen Indonesia kurz vor der Fertigstellung, die es nach geltendem Recht nicht geben dürfte. Bis vor das oberste Gericht war die Bürgerinitiative Jaringan Masyarakat Peduli Pegunungan Kendeng (Netzwerk der Menschen, denen das Kendeng-Gebirge am Herzen liegt) gezogen. Das hatte dem Unternehmen im Oktober die Umweltgenehmigung entzogen. Indonesiens Präsident Joko Widodo versprach der Bürger­ini­tiative im August, alle Genehmigungen für Zementfabriken am Kendeng-Karst würden für ein Jahr auf Eis gelegt. Experten sollten eine umfassende Umweltstudie vornehmen.

Karstgebiete sind nach nationalem Recht Naturschutzzonen. Dennoch hatten lokale Behörden die Fabrik zunächst genehmigt. Während der Rechtsstreit durch die Instanzen ging, schuf Semen Indonesia Tatsachen. Die Fabrik wurde einfach gebaut, unter dem Schutz der Polizei. Vertreter der Bürgerinitiative sahen sich dabei immer wieder von Sicherheitskräften bedroht.

Letztlich stoppte nicht einmal die Entscheidung des obersten Gerichts die Bautätigkeit des Zementriesen. Der Gouverneur der Provinz Zentraljava, Ganjar Pranowo, erteilte Semen Indonesia im Februar einfach eine neue Umweltgenehmigung.

Der Präsident müsse diese zurücknehmen, so lautet nun die Forderung der Protestierenden in Jakarta, deren Füße am Dienstag noch immer in den Zementbottichen steckten. Sie kündigten an, ihren Protest fortzusetzen.

Joko Prianto

„Sie fühlen sich wie gelähmt durch die Zementfabriken, die ihre Umwelt zerstören.“

Joko Prianto, Koordinator der Bürgerinitiative, sagte indonesischen Medien, die Form des Protests spiegele die Lebensrealität der Bauern am Kendeng-Karst. „Sie fühlen sich wie gelähmt durch die Zementfabriken, die ihre Umwelt zerstören.“

Eine weitere Fabrik am Kendeng ist derzeit im Landkreis Pati in Planung. Bauen will sie PT SMS, eine Tochter von Indocement, bei der HeidelbergCement Mehrheitseigner ist. Auch dieser Fall wird derzeit vor dem obersten Gericht verhandelt. Die Kritik der Fabrikgegner: Die Dokumente für die Umweltverträglichkeitsprüfung enthielten falsche Angaben und die Bevölkerung sei bei der Planung nicht genug einbezogen worden.

Der Zementkonzern aus Baden-Württemberg ist überzeugt, dass das Projekt umweltverträglich ist. Studien an einem bereits bestehenden Werk von Indocement in Westjava beweisen das Gegenteil. Dort bemängeln Wissenschaftler den Verlust wertvoller Grundwasserspeicher durch den Kalksteinabbau und erhöhte Nitratwerte im Wasser als Folge von saurem Regen durch Kohleverfeuerung.

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