Landesweiter Protest im Tschad: Aufstand wegen Schnöselsexisten

Tschads Präsident Déby gerät in Bedrängnis. Das skandalöse Treiben einer Gruppe von Elitezöglingen hat einen Generalstreik provoziert.

Tschads Präsident Idriss Deby trägt in einer Sitzung der Afrikanischen Union Kopfhörer

Protest: Tschads Dauerpräsident Idriss Déby möchte weiterregieren. Foto: dpa

BERLIN taz | Es begann mit einer Vergewaltigung einer Schülerin – nun ist daraus ein landesweiter Protest geworden. Im Tschad haben zivilgesellschaftliche Gruppen und Gewerkschaften am Mittwoch erfolgreich einen Generalstreik durchgeführt. „Nein zu Idriss Déby und zu 25 Jahren Ungerechtigkeit und Unterordnung“, lautete der Streikaufruf des Bündnisses „Çasuffit“ (Es reicht).

Offizieller Anlass ist die bevorstehende Präsidentenwahl am 10. April, bei der der seit 1990 regierende Präsident Idriss Déby zu einer fünften Amtszeit antritt und die Opposition mit Wahlfälschung rechnet. Aber Motor der Mobilisierung ist vor allem ein Vergewaltigungsskandal, der zur Staatsaffäre geworden ist.

Am 8. Februar wurde in Tschads Hauptstadt N’Djamena die 16-jährige Oberschülerin Zara Mahamat Yosko, genannt Zouhoura, auf dem Nachhauseweg von fünf Oberschülern angehalten und in ein Haus verschleppt, wo drei weitere Jugendliche warteten. Dort wurde sie, wie sie später berichtete, nackt ausgezogen, geschlagen und vergewaltigt.

Unter den Tätern sollen sich ein Sohn des Außenministers und drei Söhne hoher Generäle befunden haben. Das Opfer ist die Tochter eines Oppositionskandidaten bei der Präsidentschaftswahl. Die Jungen sollen dem Mädchen vorgeworfen haben, zu ihnen „unhöflich“ gewesen zu sein.

Céline Narmadji, Aktivistin

„Das auf Facebook zu zeigen, hat die Leute tief geschockt“

Nachdem Handyaufnahmen der Vergewaltigung am 13. Februar im Internet landeten, gingen am 15. Februar landesweit Schülerinnen und Schüler auf die Straße und protestierten gegen die offensichtliche Straflosigkeit für die Kinder der Reichen. In der Stadt Massaguet wurden 17 Demonstranten verhaftet, in der Stadt Faya ein 17-Jähriger erschossen. Das heizte die Proteste weiter an.

Nach langem Schweigen erklärte sich Präsident Déby schließlich zum „empörten Familienvater“ und ließ die acht mutmaßlichen Täter verhaften, die Staatsanwaltschaft erhob Anklage. Die Familie des Mädchens hatte sich nicht getraut. Zugleich untersagte die Regierung weitere Proteste und verstärkte die Polizeipräsenz – die Lage in der Hauptstadt N’Djamena ist angespannt, da es dort mehrere blutige Anschläge der Terrorgruppe Boko Haram aus dem nahen Nigeria gegeben hat.

Als Reaktion auf das Demonstrationsverbot riefen die Protestgruppen zum Generalstreik auf. Auch dieser wurde verboten, aber nach ersten Berichten befolgt. Besonders empörend sei, sagen Oppositionelle, dass die Vergewaltiger die Fotos von ihrem Überfall auf das Mädchen ins Internet stellten. „Auf Facebook die Nacktheit einer entführten Frau zu zeigen, das hat die Leute tief geschockt, über alle Parteigrenzen hinweg“, so die Aktivistin Céline Narmadji in einem Interview.

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