Landtagswahl in Schleswig-Holstein: Die Linke kämpft mit Gegenwind

Nach fünf Jahren Landtagsabstinenz hofft die Linkspartei im hohen Norden jetzt auf einen Wiedereinzug. Ihre Chancen? Eher mau.

Zwei Menschen machen ein Plakat fest

Aktionsbereit: Linken-Spitzenkandidaten Marianne Kolter und Uli Schnippels Foto: dpa

KIEL taz | „Wir sind optimistisch, dass wir wieder in den Kieler Landtag einziehen“, sagt Marianne Kolter, was sie sagen muss. Doch wirklich euphorisch klingt die 61-jährige Spitzenkandidatin der schleswig-holsteinischen Linken nicht, wenn sie ergänzt: „Als nicht im Landtag vertretene Partei haben wir es sehr schwer, unsere Inhalte an die Öffentlichkeit zu bringen.“

Vor fünf Jahren flog die Linke mit Karacho aus dem Kieler Landtag. Statt vormals 6 Prozent heimste die Partei nur noch katastrophale 2,3 Prozent der Stimmen ein. Die Linke – die damals innerparteilich zerstritten war – verlor viele Protestwähler an die Piraten. Inzwischen sind die innerparteilichen Gräben weitgehend zugeschüttet und die Ära der politischen Freibeuter geht ihrem Ende entgegen. Mit dem Spitzenduo Marianne Kolter und dem erfahrenen Pragmatiker Ulrich Schippels, der schon bis 2012 im Kieler Landtag saß, versucht die Linke aus dieser veränderten Situation nun Kapital zu schlagen.

Gebannt starrt die Partei derzeit auf die Umfragen, die ihr zwischen 2 und knapp 5 Prozent verheißen. Das würde erneut nicht für den Einzug in den Kieler Landtag nach der Wahl am 7. Mai reichen. „Wir haben ja fast überall im Westen Probleme mit der Fünfprozenthürde“, erklärt Kolter, die in der Anti-AKW-Bewegung politisch sozialisiert wurde und bis zum Mauerfall in der DKP organisiert war. Hausgemachte Gründe für die schlechten Prognosen sieht sie nicht.

Im landwirtschaftlich und touristisch geprägten Schleswig-Holstein hat die Linke keine stabile Wählerbasis. Zudem versucht sie mit Metropolenthemen zu punkten: etwa dem Bau von mehr Sozialwohnungen, um Wohnraum für alle zu schaffen. Ein zentrales Anliegen der Partei ist es auch, kinderreiche Familien sowie Alleinerziehende zu unterstützen, indem deren Kosten für Krippe und Kita gesenkt werden. „Wir machen Politik für das untere Drittel der Gesellschaft. Doch das hat sich von der Politik bereits zu großen Teilen abgewendet“, gibt Kolter eine Erklärung für die schlechten Umfragen ab.

Radikal in den Forderungen, pragmatisch in der Umsetzung

„Eine bessere Pflege alter Menschen und der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs sind auch Themen, die in der Fläche eine wichtige Rolle spielen“, wirbt die 61-Jährige um Stimmen aus der Provinz. Doch sie räumt auch ein: „Auf dem Land setzen die Menschen weiter auf individuelle Mobilität mit dem eigenen Auto.“ Das lässt sich nicht durch eine Wahlkampagne ändern.

Zudem scheut die schleswig-holsteinische Linke auch Themen nicht, die eher WählerInnenstimmen kosten als bringen. So will sie nicht nur die Gemeinschaftsschule stärken, sondern das Gymnasium – das sie als „überflüssige Schulform“ bezeichnet – ganz abschaffen. „Wir wollen nicht sofort Hand an das Gymnasium legen“, wiegelt Marianne Kolter ab. „Wichtig ist uns, dass im ersten Schritt die Gemeinschaftsschulen besser ausgestattet, ihre Ganztagsangebote verbessert und marode Schulgebäude saniert werden.“

Radikal in den Forderungen, pragmatisch in der Umsetzung – so beschreibt sich die schleswig-holsteinische Linke selbst. Wer nicht im Parlament sitzt, muss keine Widersprüche zwischen reiner Lehre und reformerischer Arbeit aushalten. Und Regierungsbeteiligung? „Eine Regierungsbeteiligung streben wir nicht an“, sagt die studierte Soziologin. Aber ihre Partei sei dafür offen, wenn linke Inhalte umgesetzt würden. Auch die Tolerierung einer Minderheitsregierung sei denkbar.

Doch dafür muss am 7. Mai, dem Wahltag, erst mal mindestens eine Fünf vor dem Komma stehen.

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