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Lehrerin über Rassismus an Schulen„Wer sagt, dass wir neutral sein müssten, hat keinen Plan“

Gina Waibel ist Lehrerin und viral gegangen. Ein Gespräch über Angriffe der AfD, Neutralität und was man rechten Gesinnungen entgegensetzen kann.

Bekam für virales Video gegen rechts Shitstorms und macht jetzt Fortbildungen: Lehrerin und Influencerin Gina Waibel Foto: privat

Interview von

Alice von Lenthe

taz: Frau Waibel, was ist das größte Problem in deutschen Schulen?

Waibel: Wir leben in einer super diversen Gesellschaft. Aber Lehrkräfte haben weder die nötigen Mittel noch die Sensibilität, um damit umgehen zu können. Viele denken, Rassismus beginne erst bei Beleidigungen oder Gewalt. Ihnen ist nicht bewusst, dass er strukturell verankert ist und es auch Alltagsrassismus gibt. Sie setzen sich zu wenig damit auseinander, weil sie selbst oft nicht betroffen sind.

taz: Können Sie ein konkretes Beispiel für Rassismus in der Schule nennen?

Waibel: Schü­le­r:in­nen haben mir immer wieder Vorfälle anvertraut, in denen sich Lehrkräfte rassistisch verhalten haben. Es beginnt damit, dass Kol­le­g:in­nen Afrika exotisieren, indem sie ihre Schü­le­r:in­nen trommeln lassen, wenn sie darüber sprechen. Und es reicht bis hin zu offenen Beleidigungen wie: „Ihr Muslime seid nur zu faul.“ Auch bei Rassismus unter den Schü­le­r:in­nen wird nicht immer eingegriffen. Wenn ich Kol­le­g:in­nen darauf angesprochen habe, hieß es oft, sie hätten es nicht so gemeint oder wüssten nicht, dass es schlimm sei.

Bild: Lotte Ostermann
Im Interview: Gina Waibel

Lehrerin und Bildungs-Influencerin. Geboren 1989, unterrichtete neun Jahre lang Hauswirtschaft und Ethik für die Klassen 5 bis 10 an einer Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg. Waibel war dort auch Anti-Rassismus-Beauftragte. Seit 2023 bietet sie Fortbildungen für Lehrkräfte zu Anti-Rassimus an.

taz: Wie haben Sie darauf reagiert?

Waibel: Ich habe die Vorfälle der Schulleitung gemeldet, aber es ist nichts passiert. Einmal wurde das rassistische Verhalten eines Kollegen mit seinem Humor gerechtfertigt. Ein anderes Mal wurde mir vorgeworfen, ich würde Kol­le­g:in­nen Dinge unterstellen. Es gab keinerlei Bereitschaft zur Sensibilisierung. Dabei wird so viel Geld für etliche Schulungen in anderen Bereichen ausgegeben.

taz: Vor zwei Jahren ist ein Video von Ihnen viral gegangen. Als Reaktion auf Friedrich Merz, wie er migrantische Jugendliche „kleine Paschas“ nennt und von mangelndem Respekt für Lehrerinnen spricht, nahmen Sie eine Szene aus Ihrem Schulalltag auf. Darin begegnen Ihnen migrantische Jugendliche sehr zuvorkommend. Was hat Sie dazu veranlasst, das zu posten?

Waibel: Vor allem in Ethik habe ich oft aktuelle Debatten behandelt. Diese Aussage hatten meine Schü­le­r:in­nen mitbekommen und wollten darüber sprechen. Wir haben uns zusammen überlegt, wie wir Merz vielleicht fronten können, haben das Video erst mal nur für uns gedreht und fanden es total witzig. Der Dreh war ein Empowerment für die Schüler:innen. Sie konnten nach dieser abfälligen Bemerkung über sie der Gesellschaft ein anderes Bild von sich zeigen. Und dann wollten sie es unbedingt posten. Die Jungs waren die Kings der Schule, als das viral gegangen ist.

taz: Unter diesem Post steht in einigen Kommentaren so etwas wie: Wer Jugendliche respektlos behandelt, wird auch von ihnen respektlos behandelt. Stimmen Sie dem zu?

Waibel: Ja, voll. Es gibt natürlich immer die, die man nicht erreicht. Das sind halt Jugendliche. Aber der springende Punkt dabei ist: Es kommt nicht auf die Herkunft an. Ich hatte auch schon respektlose Schüler, die mich dumm angemacht haben. Die mir sogar den Tod gewünscht haben. Aber in dem Fall war es ein Schüler ohne Migrationsgeschichte.

taz: Wie sind Sie damit umgegangen, dass ein Schüler Ihnen den Tod gewünscht hat?

Waibel: Das hat mich schon beschäftigt. Ich hatte ihm nichts getan, außer zu sagen, dass er seinen Müll aufheben soll. Ich habe es der Schulleitung gemeldet. Aber nach zwei Stunden war das Thema für mich vergessen, es ist halt passiert.

taz: Nach dem viralen Video haben Sie angefangen, über Rassismus in der Schule auch in den sozialen Medien aufzuklären. Dafür haben Sie Anfeindungen bekommen, sowohl im Netz als auch in Ihrer Schule. Von wem gingen diese aus?

Waibel: In der Schule war es eine junge Kollegin, die andere gegen mich aufgehetzt hat. Immer wieder hat sie meine Beiträge der Schulleitung gezeigt und behauptet, ich würde die Schule in ein schlechtes Licht rücken. Die hat nicht gerafft, dass es mir um Strukturen geht. Aber daraufhin wurde ich ins Schulamt eingeladen.

taz: Die nächsthöhere Instanz über der Schulleitung.

Waibel: Genau. Die haben dann klargemacht, dass das, was ich mache, okay ist. Und dass ich mich an den Beutelsbacher Konsens halte, der die Grundprinzipien für politische Bildung festlegt. Aber eigentlich sind das Schulamt und das Regierungspräsidium auch nicht die Instanzen, die für Gerechtigkeit sorgen.

taz: Warum nicht?

Waibel: Die meisten dort haben nicht das nötige Wissen, Rassismus und Diskriminierung zu erkennen und adäquat darauf zu reagieren. Es gibt einfach kein Schutzkonzept. Zum Beispiel dürfen die Antidiskriminierungsstellen der Länder weder Schü­le­r:in­nen noch Lehrkräfte beraten.

Verpflichtende Schullektüre enthält noch immer das N-Wort, manchen Lehrkräften macht es geradezu Spaß, es im Unterricht zu gebrauchen. Es steht wenig zur deutschen Kolonialgeschichte in Schulbüchern. Und wenn doch, läuft das häufig unter „Eroberer und Entdecker“. Das klingt nach Abenteuer, nicht nach Gewalt und Genozid. Afrika wird als primitiv und unzivilisiert dargestellt. Das vermittelt Weißen Kindern ein stereotypisches Bild und bei Schwarzen Kindern kann diese Darstellung erste negative Selbstbilder erzeugen.

taz: Von wem stammen die Anfeindungen gegen Sie im Internet?

Waibel: Die erste größere von Thorsten Weiß, einem AfDler, der im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. Er hat ein Video von mir auf X gepostet, gefragt, ob mich jemand kennt und ob es in meinem Unterricht Indoktrination gebe. Dann hat ihm der AfD-Typ aus meiner Gemeinde geschrieben, wo ich wohne. Immer wieder haben auch Nius-Journalisten über mich als „linksgrüne Lehrerin“ berichtet. Und wegen des X-Posts habe ich auch viele E-Mails von ekligen Typen bekommen, darunter ein Dickpic. Den Mann habe ich angezeigt.

taz: Das Recht besagt, dass Leh­re­r:in­nen in der Schule keine Parteipolitik betreiben dürfen, weder innerhalb noch außerhalb des Unterrichts. Es besagt aber auch, dass Lehrkräfte sich in ihrem Beruf aktiv für die Verfassung und ihre Werte einsetzen müssen. Was leiten Sie für Ihren Unterricht davon ab, vor allem für Ihren Umgang mit der AfD als rechtsextremer Partei?

Waibel: Sobald eine rechtspopulistische Aussage fällt, thematisiere ich das im Unterricht. Nicht nur von der AfD. Zum Beispiel auch die von Merz zum Stadtbild. Man muss dazu Stellung beziehen, wenn Rassismus oder Diskriminierung in der Politik, in den Medien oder in der Klasse reproduziert werden. Sonst hat man seinen Eid verpeilt. Jeglicher Menschenfeindlichkeit muss man sich widersetzen. Lehrkräfte, die das nicht tun, haben nichts in ihrem Job verloren. Wer immer noch damit argumentiert, dass wir neutral sein müssten, hat keinen Plan.

taz: Und wie machen Sie das?

Waibel: Als zum Beispiel diese Abschiebe-Tickets von der AfD verteilt wurden, haben das die Schü­le­r:in­nen mitbekommen. Viele hatten die sogar im Briefkasten. Es waren damals drei rechte Schüler bei mir in der Klasse und ich habe die gefragt, wie sie es finden, dass ihre Klassenkameraden solche Tickets bekommen haben. Man kann es doch nicht Tiktok überlassen, dass sie sich eine Meinung bilden. Man hat die Pflicht, das einzuordnen, und wo soll das besser passieren als in der Schule, wo alle zusammen sind.

taz: Solche Gespräche sind sicher nicht einfach. Wie kann man rechten Gesinnungen entgegenwirken?

Waibel: Wir haben per Zoom mit Personen gesprochen, die selbst Diskriminierung erleben. Zum Beispiel mit einer jüdischen Person über Antisemitismus. Die Schü­le­r:in­nen haben sich vorher mit der jeweiligen Diskriminierungsform auseinandergesetzt und Fragen vorbereitet.

So konnten die Schü­le­r:in­nen verstehen, wie der Alltag für einen jüdischen Menschen in Deutschland aussieht, oder für eine Muslima mit Hijab, eine Schwarze Frau oder eine Roma. Gegen das, was ihnen Maximilian Krah auf Tiktok erzählt, kann man zwar anreden – aber für manche bin ich trotzdem die „linksgrüne Lehrerin“, die angeblich Quatsch erzählt. Wenn sie aber Kontakt zu Menschen bekommen, über die sie sonst nur Narrative hören, bewirkt das ein bisschen was. Das kann ich wirklich beobachten.

taz: Das klingt, als würde es weit über das übliche Engagement von Lehrkräften hinausgehen.

Waibel: Ich würde da gar nicht so den Lehrkräften die Schuld geben. Verpflichtende Fortbildungen und Sensibilisierung müssen von oben kommen. Wir haben Studien wie die Max-und-Murat-Studie, die belegen, dass struktureller Rassismus in der Schule besteht, und trotzdem passiert nichts. Es kommt bisher immer auf Einzelpersonen an, die in ihrer Freizeit Fortbildungen besuchen, um sich weiterzubilden und dann in der Schule die Arbeit machen, die der Staat tun sollte. Denn in der UN-Kinderrechtskonvention steht, dass jedes Kind das Recht hat, in der Schule diskriminierungsfrei lernen zu dürfen. Aber im Studium gibt es immer noch keine verpflichtenden Module zu diesem Thema.

taz: Das vermeintliche Neutralitätsgebot für Lehrkräfte wird häufig von rechts instrumentalisiert, um eine kritische Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus im Unterricht zu verhindern. Geht diese Strategie auf?

Waibel: Voll. Und sie verursacht, dass Lehrkräfte, die politisch mittig stehen, sich nicht trauen, zum Beispiel etwas zu den Abschiebeplänen der AfD zu sagen. Obwohl da Kinder vor ihnen sitzen und fragen, ob es sein kann, dass sie abgeschoben werden.

taz: Warum haben Sie sich im Juni aus dem Lehrberuf zurückgezogen?

Waibel: Es wurden mir Steine in den Weg gelegt. Es gibt nicht viele Schulleitungen und Kolleg:innen, die Bock drauf haben, dass jemand ihnen ihre -Ismen aufzeigt. Also habe ich mich entschieden, mich auf die Fortbildungen zum Thema Anti-Rassismus zu konzentrieren. Das kommt am Ende auch mehr Schü­le­r:in­nen zugute. Die rechte Bubble hat das nicht kapiert, die hat erst mal gejubelt, als ich den Schritt gemacht habe.

taz: Was sollte eine Schule tun, die ernsthafte Anti-Rassismus-Arbeit leisten möchte?

Waibel: Sie sollte mit dem gesamten Kollegium eine Fortbildung zu Rassismuskritik und Diversitätssensibilität besuchen. Dann muss es unbedingt unabhängige Meldestellen geben. So kann gewährleistet werden, dass Vorfälle ernst genommen werden. Sie muss mit Ex­per­t:in­nen besetzt sein, die Vorfälle ernst nehmen und einordnen können. Und es muss Sanktionen für Lehrkräfte geben, die sich rassistisch und diskriminierend ihren Schü­le­r:in­nen und anderen Lehrkräften gegenüber verhalten. Erst dann passiert auch etwas.

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33 Kommentare

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  • 20% der Jugendlichen/Jungen Erwachsenen unter 25 wählten die AfD. Unter Schülern dürfte es nicht anders aussehen.ä

    Ich bin verwundert, dass diese Situation im Interview überhaupt nicht zur Sprache kommt. Da dann die Lehrkräfte als das größte Problem anzusehen geht an der Rechtspopulismus- und Rechtsextremismus-Problematik vorbei.

  • Die Grenze zwischen einer engagierten Lehrkraft und einer Aktivistin, die das Neutralitätsgebot übertreten, sind fließend.

    Eine Lehrkraft, die sich zu Aussagen hinreißen lässt, „Ihr Muslime seid nur zu faul.“ sollte damit natürlich nicht einfach so durchkommen, wobei hier natürlich der Kontext entscheidend ist.

    Vieles in dem Interview deutet jedoch eher darauf hin, dass Frau Waibel sehr aktivistisch unterwegs ist. Das kann man natürlich machen, ist dann aber Lehrkraft eher weniger an der richtigen Position. Natürlich muss eine Lehrkraft entschieden einschreiten, wenn es in ihrer Klasse zu rassistischen Vorfällen kommt: Beleidigungen, Mobbing, Drohungen, Gewalt.

    Aber eben nicht bei jedem Kram, der von manchen Leuten möglicherweise irgendwie in diese Richtung gedeutet werden könnte. Zum Beispiel finde ich den Vorwurf des "Exotisierens" wirklich drüber und dann verwundert es nicht, dass die Kollegen eher genervt reagieren.

    Ich bezweifle anhand ihrer Aussage, dass sie z. B. die Stadtbild-Diskussion in eine sachlich-neutrale Richtung gelenkt hat. Damit ist sie dann eindeutig politisierend unterwegs und das geht dann deutlich darüber hinaus, was für eine Lehrerin angemessen ist.

  • Schlimm, die Frau tut mir leid. Aber leider alles andere als ein Einzelfall. Bildung ist halt nicht nur, Gleichungen lösen zu können, oder auswendig zu wissen, was die Hauptstadt von Honduras ist. Bildung wäre auch die Sozialkompetenz mit anderen Kulturen auszukommen, Konflikte friedliche zu lösen, Medienkompetenz (die sollte in der Aufzählung mindesten fünfmal vorkommen).

    Und so rutschen wir halt immer weiter nach gaaaanz rechts.



    Unsere Regierung mag ja in vielen Dingen echt inkompetent sein, aber in Sachen Rassismus anstacheln, die Gesellschaft spalten und Bildung und Kultur schreddern sind sie unschlagbar. Dank der Leute, die sie gewählt haben. Und so verstärkt sich der Effekt bis die Bombe platzen wird. Ich tippe auf spätestens die Wahl '33. Mit dieser Jahreszahl haben wir ja Erfahrung.

  • Der Artikel benennt reale Probleme, läuft aber Gefahr, Schule weiter zu politisieren. Bildung darf kein Aktivismusraum werden, in dem Lehrkräfte ihre moralischen oder politischen Deutungen setzen. Was wir brauchen, sind Professionalität, Fachlichkeit und klare Regeln – keine „Lehrfluencer“, die soziale Medien und Klassenzimmer zur Bühne für politische Selbstinszenierung machen.

    Rassismus muss ernst genommen und konsequent bearbeitet werden, aber nicht durch Pauschalvorwürfe gegen Lehrkräfte oder ideologisch gefärbte Narrative. Schule ist kein Ort für Gesinnungserziehung, sondern für Bildung, Leistung und Chancengleichheit. Wer jede pädagogische Entscheidung politisch auflädt, überfordert Lehrkräfte und schadet am Ende genau den Schülern, denen geholfen werden soll.

    Ein sachlicher Umgang mit Diskriminierung erfordert Differenzierung, nicht Moralisierung.

  • "Das Neutralitätsgebot für Lehrkräfte besagt, dass Leh­re­r:in­nen keine Parteipolitik betreiben dürfen, weder innerhalb noch außerhalb der Schule"



    Das kann mit außerhalb der Schule nicht stimmen. Was ist mit dem ganzen Lehrerinnen und Lehrern, die in den Parteien sind oder ehrenamtlich in den Kommunalparlamenten sitzen?



    Und dann gibt es Lehrkräfte, die zeitweise von ihrer Lehrertätigkeit freigestellt sind, weil sie Vollzeitparlamentarier sind. Wenn dies ihre Lehrerstelle wieder annehmen sollten, müssen die dann ihre Partei verlassen? Mir fällt da gerade so einer ein...

  • Ne. Sorry. Bei Bildungs-Influencerin hörts bei mir schon auf. Kein Interesse.

    • @nurmalsonebenbei:

      Ich kann nur hoffen, das ich die Ironie nicht erkenne… ansonsten wäre das ja eine Bestätigung für alles in dem Artikel!

  • Im Übrigen, Frau Waibel ist ehemalige Lehrerin; siehe www.instagram.com/frau_waibel/?hl=de

    • @DiMa:

      Sie ist Lehrerin.

      • @Freundlicher:

        Frau Waibel hat gekündigt (siehe www.schwaebische.d...d-jubelt-3812239); damit ist sie dann keine Lehrerin mehr.

        Influencer und Coaches würde ich nicht als Lehrer bezeichnen.

  • Ich bin in meiner Schulzeit pausenlos von Lehrern gegänngelt worden aus politischen Gründen. Ich war einer von nur 2 Nichtpionieren an der ganzen Schule. Klassenlehrer und Schuldirektor schrieben halbjährliche Berichte über mein Verhalten alles nachzulesen in den Stasiakten meiner Eltern.



    Aktuelle Politik sollte möglichst gar kein Thema an Schulen sein. Wenn die Lehrerin hier SuS, die sie für politisch anders denkend hält aktiv anspricht, Kinder sind übrigens nie links oder rechts, finde ich das höchst problematisch. Die Wege zur Hölle sind gepflastert mit guten Absichten.

    • @Šarru-kīnu:

      Meine Eltern haben mir erzählt, daß viele Lehrer Nazis waren. Sie mussten zur Hitlerjugend und haben sich als Katholiken davor möglichst gedrückt. Wenn die viral gegangene Influencerin anderen Lehrern sagt, daß sie "nichts in ihrem Job verloren" haben, finde ich das schon bedenklich.

    • @Šarru-kīnu:

      "Aktuelle Politik sollte möglichst gar kein Thema an Schulen sein"

      Genau. Politik ist zwar jeden Tag in allem und zu jeder Zeit.



      Aber was dem gutbravbürgerlich-reaktionären Bullerbü als "politisch" gilt, soll natürlich in einer Bullerbü-Erzählung vom Bullerbü als Bullerbü nicht erkennbar sein.

      Ja die Wege zur Hölle sind gepflastert mit guten Absichten.



      Eine davon ist die Hölle, die Lüge von der "Neutralität" vom angeblich "unpolitischen"

    • @Šarru-kīnu:

      Sollten SuS mit solchen Themen allein gelassen werden? Was sollen Lehrkräfte Ihrer Meinung nach tun, wenn SuS sich gegenseitig wegen ihrer Herkunft, ihres Geschlechts oder anderer Merkmale angehen und abwerten? Danebenstehen und in die Luft gucken? Das wäre in meinen Augen ein pädagogischer Totalausfall. Im Bildungswesen der DDR ist Erziehung sicher schwer von Gängelung zu unterscheiden gewesen. Heißt aber nicht, dass das immer und prinzipiell so ist.

    • @Šarru-kīnu:

      Ich finde, es gibt einen Unterschied zwischen einer Lehrerin und einem kompletten System des Chancen-Verwehrens wie in der DDR.



      Das Ding ist doch, diese Kids haben nicht nur eine Lehrerin. Sondern noch den Werken-Lehrer, der ihnen ungefiltert aus der AfD whatsappgruppe hetze erzählt etc. Und Kinder bekommen es hin, zu checken, dass es unterschiedliche leher*innen mit unterschiedlichen Ansichten gibt.



      Und ich finde die Methode, über abschiebeflyer mit der Klasse zu reden super. Nicht reden, das haben wir in der DDR genug gemacht.

    • @Šarru-kīnu:

      Zwischen "im Unterricht mit Betroffenen ansprechen" und "in die Stasi-Akte der Eltern schreiben" sehen Sie also keinen qualitativen Unterschied?

    • @Šarru-kīnu:

      Also sollen 13-jährige mit Nazisymbolen die gegen Minderheiten hetzen nicht darauf angesprochen werden, weil sie als Kinder ja niemals rechts sein können? Und mit 14, wenn sie dann jugendlich sind, passt das dann? Interessante Theorie.

      • @Freundlicher:

        Glauben Sie ernsthaft, dass Šarru-kīnu das gemeint hat?



        Meine Güte, es ist doch wirklich nicht so schwer, Kommentare richtig zu verstehen. Einfach mal freundlich mit Kommentaren umgehen, die vielleicht nicht zu 100 % der eignen Meinung entsprechen.

      • @Freundlicher:

        Gegen verfassungsfeindliche Symbole gleich weder Art ist natürlich vorzugehen. Das ist nicht nur selbstverständlich, sondern auch rechtlich geboten. DAs ist aber nicht das Gleiche wie "Aktuelle Politik" die Forist Šarru-kīnu anspricht. Bei einem guten Lehrer im Fach Politik bekommt man nicht mit, welche persönliche Gesinnung im Rahmen der Verfassung er hat.

  • Nur hilft ein gescriptetes Video nicht gegen die Alltagserfahrungen, die Lehrer tagtäglich in den Schulen machen. Das Problem der sich verschlechternden Umgangsformen lässt sich durch so ein Video schlichtweg nicht wegmoderieren.

    Wenn ich sehe wieviel Zeit und Kraft ich als Elter aufwenden musste, um die aus der Schule meiner Kinder mitgebrachten Spleens (einschl. Homophobie und Frauenfeindlichkeit) wieder auszugleichen, dann kann ich dem hier wenig abgewinnen. Und ja, diese Spleens kammen genau von denen, die Herr Merz verallgemeinernd als "kleine Paschas" bezeichnet hat (Hinweis: Schulbesuch Neukölln). Das es auch anders geht, hat sich nach dem Wechsel auf eine Sportschule schnell gezeigt.

    • @DiMa:

      Genau und AfD Elternhäuser sind ja so Frauenachtend und homophil, gell?! Sie reproduzieren den gleichen Rassismus, der hier beklagt wird. Und zwar deswegen, weil sie zwar eine richtige Problematik ansprechen, aber die Ursache selektiv und rassistisch einordnen.

      Auch wir sind Neuköllner Schulgänger und ja, in Neukölln herrscht unabhängig von Ethnie oder Religion, ein sehr rauer Ton und verwerfliche Menschenbilder. Allerdings wird das auch durch nichts aufgegriffen und auch unsere Schule ist genau wie in dem Artikel wiedergegeben, rassistisch den Kindern gegenüber Herkunftssprache wird problematisiert und verboten. Frauenfeindliche Stereotype werden ausschließlich Muslimen zugeordnet und dies den Kindern entsprechend vermittelt. Ich muss auch ständig bei meinem Kind ausgleichen, was durch rassistische Lehrkräfte in der Schule über den Islam und Muslime, immer wieder übergriffig und anmaßend geäußert wird. Ich könnte dafür viele Beispiele nennen, aber der Platz wird hier nicht ausreichen. Gleiche Schulleitung liebt es aber wiederum sich vor der Presse als die in Person gegossene Kompetenz als Schulleitung einer „Brennpunkt Schule“ zu produzieren und Springer-Medien zu bedienen!

    • @DiMa:

      "Wenn ich sehe wieviel Zeit und Kraft ich als Elter aufwenden musste, um die aus der Schule meiner Kinder mitgebrachten Spleens (einschl. Homophobie und Frauenfeindlichkeit) wieder auszugleichen, "

      Dann könnten Sie sich doch eigentlich freuen, wenn Lehrkräfte dies schon in der Schule mit den Kindern thematisieren. Ich bin mir sicher, dass Frau Waibel unterschiedliche Diskriminierungsformen im Blick hat(te).

    • @DiMa:

      Ich arbeite als Sozialarbeiter mit deutschen Kindern und Jugendlichen und hier am Ostrand der BRD gibt es tatsächlich Schulklassen, in denen nur deutsche und polnische Kinder sind - die Beobachtung zu den Umgangsformen sind die Gleichen.



      Und wenn wir mit Eltern sprechen, haben ihre eigenen Kinder das natürlich immer von den Anderen gelernt. Die deutschen Kids haben bei den wohlhabende Eltern der polnischen Mittelschicht keinen guten Ruf. 😂

      • @Freundlicher:

        Nach dem Wechsel von der Kita in die Grundschule gab es halt keine anderen Änderungen.

        Als mein Sohn anfing, überall Deutschlandflaggen (haben wir in unserem Haushalt nicht) zu malen, antwotete er auf meine Nachfrage, die anderen Jungs malen überall ihre Türkeiflagge drauf. Und wie gesagt, diese Tendenzen hörten allesamt schlagartig mit den Schulwechseln auf.

      • @Freundlicher:

        Das hat die wohlhabende polnische Mittelschicht mit der wohlhabenden deutschen Mittelschicht in Bezug auf Kinder der darunter liegenden Schichten absolut gemeinsam.

  • Danke für das Interview und vor allem für die sensible Art, starke Arbeit und Aufmerksamkeit von Menschen wie Gina Waibel. Es sind leider so oft die unqualifizierten und unreflektierten Reflexe von MitläuferInnen im System, die Menschen, welche Schwachpunkte aufzeigen und sie verbessern wollen, verunsichern und blockieren.



    Großartig, dass sie nicht aufgegeben hat, sondern ihr Talent und ihre Aufrichtigkeit dazu nutzt um Rassismus an den Schulen mit Fortbildungen für die vielzahl der wahrlich hilfsbedürftigen Lehrkräfte zu begegnen.



    Es ist Fakt, dass unser System strukturellen Rassismus in sich birgt. Lange wurde dieser durch unseren "Wohlstand" nur überschminkt.

    • @Humble in the jungle:

      Danke für diesen Kommentar. Ich stimme dem voll zu.

  • Und genau deshalb ist die AfD so groß, weil eine berufene Gruppe hinter allem und jedem -Ismen sieht. Nach ihrer eigenen Definition natürlich.

    • @charly_paganini:

      Ganz genau. Das scheint der vollkommen richtige Schluss zu sein den Sie ziehen.

      Die SA, der Naziterror, der Nazisprech, das Sturmlokal - in seinem Wachsen, seiner Selbstverständlich- und Alltäglichkeit - und zwar noch bevor die bürgerliche Mitte der mittigen Mittigkeit auf ihre Projektionsfiguren den ewigen Treueeid schworen, mit dem es dann ans Schlachten, Morden, Vernichten ging,



      war bloß die Reaktion einer gehänselten, gegretelten, unterdrückten bürgerlichen Wohlanständigkeit, ihrer ökonomischen, sozialen, kulturellen Vernunft und Rationalität, die von irgendwas mit Links gar schröcklich verfolgt worden war.

      Oder um es zu zitieren: Man wollte nur, dass Deutschland wieder etwas gilt in der Welt und nicht immer so ungerecht behandelt wird.

      Genau. So muss es eigentlich gewesen sein. Im reaktionären Bullerbü und seiner geschichtsvergessenen Geschichtsschreibung der gutbürgerlichen Bräsigkeit.

    • @charly_paganini:

      Und die Nazis sind 1933 nur an die Macht gekommen, weil die Linken zu viel gestreikt haben. Klassische Täter-opfer-umkehr.

    • @charly_paganini:

      Gegentheorie: Weil der Großteil der Menschheit nicht die Eier in der Hose hat, sich den eigenen Ismen zu stellen. Trump, AgD usw. sind Profiteure der Feigheit.

      • @Freundlicher:

        Die Gegentheorie krankt schon daran, dass die -Ismen nicht allgemeingültig fomuliert sind, sondern eine bestimmte Gruppe von Menschen definieren möchte was ein -Ismus ist. Und nur deren Definition lässt man gelten.



        Das ist eine elitäre 'von oben herab' Behandlung. Der dumme Pöbel der nicht weiß was Rasissmus ist...

      • @Freundlicher:

        Danke, genauso empfinde ich das auch! Coole Frau, schade, dass sie nicht weiter als Lehrkraft direkt mit den Jugendlichen arbeitet, aber wer solche Kolleg*innen und Schulleitungen hat, der verliert vermutlich irgendwann die Lust und erkennt, dass man/frau seine/ihre Kräfte lieber woanders effektiver einsetzen kann.