Lehrermangel an Bremer Grundschulen: „Weit abgeschlagen“

Weil bis 2025 immer mehr LehrerInnen fehlen, fordern die Gewerkschaft GEW und die CDU, die Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zügig umzusetzen.

In einer Grundschule melden sich Kinder während des Unterrichts.

Viele Schüler, zu wenig Lehrer: Bremen Grundschulen haben ein Problem Foto: dpa

BREMEN taz | Der Lehrermangel an Grundschulen wird noch schlimmer als befürchtet. Dies geht aus einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung hervor. Die Bremer Gewerkschaft im Bildungsbereich (GEW) hat auf Basis der Studie berechnet, dass bis 2025 etwa 270 Grundschullehrkräfte in der Stadt Bremen fehlen werden. Die Sprecherin der Bildungssenatorin Annette Kemp zeigt sich wenig überrascht und geht von einer ähnlichen Größenordnung aus: „Wir rechnen schon seit längerem mit den erhöhten Schülerzahlen.“

Schon jetzt sind nach Angaben der Stadt 18 Lehrstellen an Grundschulen unbesetzt. Der Sprecher der GEW, Christian Gloede betrachtet diese Zahl allerdings mit Skepsis: „Die Stadt stellt die Lage besser da, als sie ist“, sagt er, schließlich seien viele Stellen nur deshalb besetzt, weil sie von Studierenden vertreten würden. Kemp bestätigt dies: „Tatsächlich wird der Vertretungsunterricht momentan von Master-Studenten geleistet.“ Diese Vertretungslehrkräfte sowie die dauerhaft kranken Pädagogen habe man aus der Statistik herausgerechnet.

Die Forscher der Bertelsmann Stiftung, Klaus Klemm und Dirk Zorn, gehen von 168.000 Grundschüler*innen mehr bis 2025 aus. Insgesamt müssten in den nächsten Jahren 105.000 neue Lehrer*innen eingestellt werden. Im selben Zeitraum rechnen Klemm und Zorn aber mit lediglich 70.000 Grundschullehramtsabsolvent*innen.

Zahlen angesichts derer CDU und Lehrer*innengewerkschaft den Senat zum Handeln auffordern: „Bremen liegt schon jetzt bei der Bildung weit abgeschlagen hinter den anderen Bundesländern“, mahnte Yvonne Averwerser, bildungspolitische Sprecherin der Unionsfraktion. „Wir können uns Lehrermangel, Stundenausfall und Einbußen bei der Qualität nicht leisten.“ Fehlende Pädagogen gefährdeten Bildungsvorhaben wie Ganztag oder Inklusion ganz erheblich, so Averwerser. Während sie ein „Sofortprogramm“ anmahnt, erkennt die GEW vor allem Bedarf an mehr Lehramtsstudienplätze. Im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung wird eine Verstärkung der Lehramtsausbildung, vor allem in den Bereichen der inklusiven Pädagogik und Deutsch als Zweit- oder Fremdsprache, gefordert.

Yvonne Averwerser, CDU

„Wir können uns Lehrermangel und Einbußen bei der Qualität nicht leisten“

„Wir finden gut, dass es im Koalitionsvertrag steht, aber wir unterstreichen es, damit es auch umgesetzt wird“, sagt Gloede. „Bisher ist nichts davon finanziell hinterlegt.“ Er fragt beispielsweise, wo die versprochenen Stellen für die Sozialarbeiter*innen an Grundschulen bleiben. „Wir haben in den vergangenen vier Jahren die Schulsozialarbeiterstellen um 40 Prozent erhöht“, sagt Kemp. Für die nächsten Stellen müssten aber tatsächlich die Haushaltsberatungen abgewartet werden.

Dass der Haushalt 2020/21 noch immer nicht beschlossen ist, führt auch in der Bürgerschaft zu Kritik. Der finanzpolitische Sprecher der CDU Fraktion Jens Eckhoff sagt, ein regulärer Haushalt sei nötig, um beispielsweise wichtige Neueinstellungen ohne Verzögerungen umzusetzen. Eine lange haushaltslose Zeit dürfe nicht zum Stopfen von Finanzierungslöchern genutzt werden.

Die GEW macht daher weiterhin auf ihre Forderungen aufmerksam, auch wenn vieles im Koalitionsvertrag ähnlich klingt: So hat die Landesregierung sich vorgenommen, die Möglichkeit zu schaffen, „mit einem Master-Abschluss eine berufsbegleitende Qualifizierung“ zu erhalten und die Hürden für Fachkräfte aus dem Ausland zu senken, um den Lehrer*innenmangel auszugleichen. Während die GEW eine stärkere Einbindung von Seiteneinsteigern fordert.

Gloede fordert auch, dass die Stadt den Beruf wieder attraktiver gestalte: „Aufgrund der Belastung werden die Lehrer*innen krank und steigen aus oder wechseln in Teilzeit, das können wir uns nicht leisten.“ Er fordert eine geringere Unterrichtsverpflichtung, damit der Beruf attraktiver werde. Im Koalitionsvertrag heißt es dazu vage: es „soll geprüft werden, wie durch weitere Veränderungen in den Arbeitsbedingungen und der Arbeitszeitgestaltung der Beruf des Lehrers attraktiv gehalten werden kann.“

Nur eine Sache ist bestimmt sexy: Die Koalitionäre können auf eine bereits beschlossene, bessere Bezahlung der Lehrkräfte verweisen. Das begrüßt auch die GEW ausdrücklich.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.