Leibesübungen: Mögen die Spiele beginnen

Die Berliner Grünen debattieren über die Bewerbung für Olympia 2024, eine Kollegin aus dem Bayerischen Landtag warnt vor Illusionen.

Das hätte Berlin sein können: Olympia 2000 eröffnete aber doch in Sydney Bild: reuters

Olympia in Berlin wird von den Grünen nicht mehr kategorisch ausgeschlossen. Bei der letzten Berliner Bewerbung für die Spiele im Jahr 2000 gehörten die Grünen zum Bündnis der Gegner. Zur derzeit diskutierten Bewerbung für das Jahr 2024 lud die Grünen-Fraktion am Freitagabend zur Debatte mit Befürwortern und Gegnern. Die Fraktionsvorsitzende Ramona Pop vermied dabei eine eigene Festlegung, sondern begann mit einer offenen Frage: „Welche Bedingungen sind eigentlich für uns denkbar, für die Berlinerinnen und Berliner akzeptabel, und welche nicht?“

Isko Steffan vom Landessportbund argumentierte: „Wir glauben, dass Sport insgesamt eine wichtige Funktion hat. Sowohl für Erwachsene, für die Gesellschaft insgesamt als auch vor allem für die Kinder. Kinder bekommen über den Sport auch Werte vermittelt – zu verlieren, zu gewinnen, zu teilen.“ Die Spiele in London hätten die ganze Bevölkerung mitgerissen. Allerdings habe das Verfahren, nach dem das Internationale Olympische Komitee (IOC) über den Austragungsort entscheidet, auch „zu kritischen Fragen geführt“.

Steffan sagte, Olympische Spiele seien ein Projekt, dass weiterhin stattfinden solle, auch wenn es sich verändern müsse. „Dann ist die Frage: Wer soll sie ausrichten, wem überlässt man das?“ Die Gesellschaft in Deutschland habe „Werte, die sie mit einbringen will und die sie auch weltweit transportieren will, natürlich ohne jemanden zu belehren“. Olympia müsse auch ein Bürgerfest werden. Steffan: „Dann ist die Frage, ob sich Deutschland aus dem Prozess heraushalten soll. Wenn man das verneint, dann ist die Frage: Wo in Deutschland? Und da glauben wir, dass Berlin ein guter Standort ist.“

Die Kosten für das Bewerbungsverfahren schätzte Steffan auf 40 bis 50 Millionen Euro, wobei ein Teil davon ja von Sponsoren übernommen werden könne.

Für Tilman Heuser, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), sind die Spiele in Berlin „nur durchführbar, wenn sie ökologisch, sozial und wirtschaftlich vertretbar sind und von den Berlinerinnen und Berlinern breit akzeptiert werden“ – so hatte er es zuvor bereits in einem vielbeachteten Diskussionspapier (PDF) geschrieben. Am Freitag sagte er, Berlin stehe „auch in einer globalen Verantwortung“, weil hier nachhaltige Spiele möglich seien. „Wir können doch nicht sagen: Hurra, wir bleiben von den Spielen verschont, dafür werden sie in Südkorea gemacht. Wir wollen diese Art von Olympischen Spielen auch weltweit nicht, die so in die Natur eingreifen.“ Die meisten Sportstätten seien in Berlin schon vorhanden, die fehlenden könnten temporär gebaut werden.

Auch die Nazi-Spiele 1936 sprechen nach Heusers Ansicht für Berlin: „Dies ist die einzige Stadt weltweit, die es sich nicht leisten kann, Olympische Spiele der alten Art zu machen“, weil die Spiele damals hier für Inszenierungswahn und als politisches Prestigeprojekt missbraucht wurden.

Die bayrische Grünen-Landtagsabgeordnete Katharina Schulze sagte hingegen: „Es ist eine Illusion, dass eine Stadt dem IOC die Bedingungen vorgeben kann.“ Die Erfahrung aus der Münchner Winterspielbewerbung zeige, dass es genau umgekehrt sei: Schon bei der Bewerbung müsse die Stadt einen Vertrag unterschreiben, durch den sie die Kontrolle abgibt.

Das mit der globalen Verantwortung hielt Schulze für ein „Scheißargument“, da sich „in meinen Augen IOC und Fifa nur dann ändern, wenn endlich kein demokratisches Land mehr dieses Riesenspektakel ausrichten will“. Wenn sich die Bedingungen der Organisatoren nur noch in autokratischen Regimen durchsetzen lassen, steigt durch die Öffentlichkeit der Druck, auch auf Sponsoren. Berlin dürfe sich nicht als Feigenblatt hergeben.

Die Berliner Grünen-Abgeordnete Anja Schillhaneck sah es andersherum: „Es sollte auch nicht sein, dass das IOC sich hinstellt und sagt: Es bewirbt sich ja niemand anders, was sollten wir sonst machen?“ Sie fände es zumindest „reizvoll“, die Reformbereitschaft des IOC zu testen.

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