Leiharbeit bei Air Berlin: Wo miete ich einen Flugbegleiter?

Air Berlin baut Stellen ab und will das Kabinenpersonal mit Leiharbeitern aufstocken. Die Gewerkschaft sorgt sich um die Arbeitsbedingungen.

Ihre Arbeit könnte bald von Leiharbeitern gemacht werden: Stewardessen von Air Berlin und Etihad Airways. Bild: dpa

HAMBURG taz | Das Unternehmen macht auf nett, doch ist es am Boden. Weil es Air Berlin immer schlechter geht, bluten vor allem die Beschäftigten: Erstmals in der Konzerngeschichte werden jetzt in großem Stil auch Leiharbeiter angeheuert. Das Unternehmen wird in der kommenden Sommersaison 140 Stellen über eine Zeitarbeitsfirma besetzen. Das bestätigte die Luftverkehrsbeauftragte der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, Anja Schlosser, am Dienstag der taz.

Die Gewerkschaftsfunktionärin sagt, bislang habe es lediglich wenige und zudem langfristige Zeitverträge bei Air Berlin gegeben. Es sei das erste Mal, dass die Fluggesellschaft nun in großem Stil auf eine Leiharbeitsfirma zurückgreife – und offenbar auch ihr Kabinenpersonal aus dem Fundus prekär beschäftigter Arbeitnehmer in Deutschland bestücken will.

Auf seiner Internetseite sucht der Personaldienstleister GVO in Osnabrück Flugbegleiter und Servicepersonal mit dem Slogan „Frühstücken in Paris, shoppen in London!“ – offensichtlich für die börsennotierte Air Berlin. Auch wer noch keine Erfahrung als Flugbegleiter oder Flugbegleiterin hat, kann bereits nach einer sechswöchigen Ausbildung an Bord gehen.

Unterdessen sind laut Schlosser von den durch Air Berlin vor einem Jahr angekündigten 900 Stellenstreichungen bereits 700 umgesetzt. Die Gewerkschaft macht das natürlich nervös. Die angeschlagene Fluggesellschaft dagegen sieht den Einsatz „zusätzlicher Kabinenmitarbeiter“ durch den Manteltarifvertrag mit Ver.di gedeckt, hieß es gegenüber der taz.

Zurück zum Erfolgskurs

Derweil brodelt in Berlin die Gerüchteküche. Die mittelgroße Fluglinie mit ihren 155 Fliegern gilt als wirtschaftlich schwächelnd. Die Bilanzpressekonferenz wurde sogar verschoben. Analysten rechnen für das vergangene Jahr mit einem deutlichen Minus. Großaktionär Etihad – der über knapp 30 Prozent der Anteile verfügt – will Air Berlin mit einem grundlegenden Konzernumbau nun wieder auf Erfolgskurs bringen.

Die Fluggesellschaft aus dem Golfemirat Abu Dhabi plant dazu nach Aussagen von Branchenkennern den Anteil an Air Berlin aufzustocken und das Unternehmen mit der ebenfalls angeschlagenen Alitalia und möglicherweise Air France zusammenzulegen. Die Verhandlungen über eine Fusion sollen sich jedoch noch in einem frühen Stadium befinden. Am Freitag will die Firmenleitung den Betriebsrat und die Gewerkschaft Ver.di über die weiteren Pläne informieren.

Die Fluggesellschaft Air Berlin leidet vor allem unter hausgemachten Problemen: So wurden in der Vergangenheit viele Konkurrenten übernommen und dabei zu sehr auf Wachstum gesetzt, zu wenig auf Nachhaltigkeit geachtet. Bankanalysten vermissen zudem „eine klare Strategie“: Air Berlin sei weder ein Billigflieger noch könne das Unternehmen mit der großen Lufthansa mithalten.

Dabei strotzt die Branche insgesamt vor Optimismus. Der weltweite Passagierverkehr soll bis 2017 um rund 30 Prozent auf 4 Milliarden Fluggäste wachsen. Allerdings dürfte das Wachstum in Europa, dem Heimatmarkt der Air Berlin, deutlich geringer ausfallen. Als Boomregionen gelten vor allem der Mittlere Osten und der asiatisch-pazifische Raum.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.