Leistungsschutzrecht der Verlage: Kein Plan gegen Google

Deutsche Zeitungsverlage finden, dass sie im Internet zu wenig verdienen und wollen das per Gesetz ändern lassen. Wie das gehen soll, weiß selbst Springer nicht so genau.

Matthias Döpfner verweist auf ein profitables Jahr 2009, macht sich aber dennoch Sorgen um die wirtschaftliche Basis des Journalismus. Bild: dpa

BERLIN taz | Am deutlichsten formulierte es Verleger Hubert Burda in einem FAZ-Artikel: "Suchmaschinen wie Google oder Yahoo erzielen mit Onlinewerbung weit höhere Umsätze als die Websites der Verlage." Mit Nutzern konfrontiert, die häufiger im Internet Nachrichten lesen als eine Zeitung zu kaufen, suchen die Zeitungsverlage nun nach anderen Geldquellen. Das hat sich nun auf eine Forderung reduziert: ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage, um deren organisatorische Arbeit zu schützen.

Das Projekt wird vor allem vom Axel-Springer-Verlag vorangetrieben. Den Anfang machte Geschäftsführer Mathias Döpfner in einem Spiegel-Interview vor einem Jahr mit der Formel "Der Copypreis der Zukunft ist das Copyright." Seitdem hat sein Chef für Lobbyarbeit, Christoph Keese, zahlreiche Interviews gegeben und Artikel verfasst. Fast 150 Zeitungsverlage unterzeichneten im vergangenen Sommer die "Hamburger Erklärung", die vage forderte, dass die "wirtschaftliche Basis" des Journalismus in "digitalen Vertriebskanälen" gesichert bleibt.

Die Politik spielte mit, und CDU und FDP schrieben unmissverständlich in ihren Koalitionsvertrag: "Wir streben die Schaffung eines Leistungsschutzrechts für die Presseverlage an." Über das vergangene Jahr hinweg hat sich diese Formel ausdifferenziert, ohne dabei viel deutlicher zu werden.

Die Verleger schimpfen auf Suchmaschinen, die kurze Ausschnitte der Artikel in ihren Ergebnissen zeigen, oder auf Firmen, die Zeitungsabos kündigen und stattdessen Internetseiten der Verlage nutzen. Doch unklar bleibt weiterhin, wen die Verlage für welche Leistung zur Kasse bitten wollen: Ihre Seiten wollen sie nicht kostenpflichtig machen, ihre Artikel nicht aus den Suchergebnissen von Google heraus nehmen. Stattdessen forderte Christoph Keese in einem Zeitungsartikel Bezahl-Buttons für Suchmaschinen, und auf einer Konferenz Abgaben auf gewerblich genutzten Computer.

"Google und andere Suchmaschinen zu ignorieren wäre unrealistisch", erläutert Dietmar Wolff, der Geschäftsführer des Bundesverbands der Zeitungsverlage. "Wir brauchen Sicherheit für den Fall, dass wir gegen jemanden klagen, der die Verlagsinhalte nutzt. Bisher ist es schwierig die Rechtekette vom Journalisten bis hin zum Verlag nachzuweisen. Ein eigenes Recht würde das erleichtern."

Genau deshalb befürchten Journalisten inzwischen, dass es den Verlagen vor allem darum geht auf ihre Kosten mehr Geld zu verdienen. "Das Urheberrecht schafft bisher einen Ausgleich zwischen Urhebern, Verwertern und Nutzern", sagte Frauke Ancker, Geschäftsführerin des Bayerischen Journalistenverbands (BJV) der taz. "Wir befürchten, dass die Verlage versuchen, mit dem Leistungsschutzrecht die Verhältnisse in ihre Richtung zu verschieben." Ein Gutachten des BJV zweifelt an der Notwendigkeit des Gesetzes, da die Verleger nicht benennen, was verboten werden soll. Der Verband Freier Journalisten, Freischreiber, stellte in einer Mitteilung in Frage, ob es dabei überhaupt um Qualitätsjournalismus geht: "Die Praxis zeigt, dass viele Verlage selbst nicht bereit sind, Qualitätsjournalismus zu bezahlen."

In der Diskussion geht es aber auch um Grundsätzlicheres. In der "Hamburger Erklärung" der Verleger heißt es: "Wir widersprechen all jenen, die behaupten, dass Informationsfreiheit erst hergestellt sei, wenn alles kostenlos zu haben ist." Wenige Monate später konterten Internetaktivisten in einem Manifest: "Niemand sollte versuchen, sich der notwendigen Anpassung von Geschäftsmodellen an das Internet durch eine Politik des Bestandsschutzes zu entziehen." Für Erstunterzeichner Markus Beckedahl, der den prominenten Blog Netzpolitik.org betreibt, haben die Verlage diese Anpassung versäumt. "Mit dem Leistungsschutzrecht wollen sie sich von anderen Branchen querfinanzieren lassen", so Beckedahl.

Bei so vielen Unklarheiten hat sich auch die Sprache der Regierung geändert. In der CDU stellt der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Siegfried Kauder, das Gesetz inzwischen grundsätzlich infrage: "Dass die Verleger diese Ausschnitte im Internet schützen wollen, ist nachvollziehbar, aber nicht genug, um ein neues Gesetz zu schaffen." Der FDP-Rechtspolitiker Stephan Thomae erwartet eine komplexe Diskussion, bevor ein Gesetz, wie es sich die Verlage wünschen, verabschiedet wird.

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