Letzter Spieltag vor der WM: Berliner Frühling

Die Bundesliga stirbt. Einzig lang untote Abstiegskandidaten erhalten sie noch am Leben.

Fankurve fährt nicht nach Katar.

Die Stadien am Wochenende waren voll – mit Boykottaufrufen Foto: dpa

Ein paar Wochen lang sah es in der Bundesliga tatsächlich so aus, als könnte es diesmal anders kommen. Pünktlich zu Beginn der Winterweltmeisterschaft in Katar – Symbol der Totkommerzialisierung des Fußballs, wogegen sich viele Fans auch an diesem Spieltag positioniert haben – haben sich die Verhältnisse jedoch weitgehend normalisiert.

Der FC Bayern München, Geschäftspartner von Qatar Airways, steht nach einem 6:1 gegen Werder Bremen und einem 2:0 gegen Schlusslicht Schalke wieder auf Platz 1. Dahinter steht, Stand Sonntagmorgen vor dem Topspiel SC Freiburg gegen Union Berlin, auch schon wieder RB Leipzig.

Dabei hatten die Unioner diese selbstzerstörerische Normalität zur großen Freude weit über die eigene Anhängerschaft hinaus für ein paar Wochen erfolgreich herausgefordert. Der Herbstmeister heißt jetzt aber trotzdem schon wieder: FC Bayern München. Und der wird am Ende der Saison wahrscheinlich seine 11. Meisterschaft in Folge feiern – und die Bundesliga so einen Schritt näher an ihr Ende führen. Warum? Weil jeder Mensch lieber Löcher in den Himmel starrt, statt auch nur 10 Minuten eine so abgrundtief langweilige Begegnung wie Bayern gegen Schalke zu ertragen.

Dass gerade überhaupt noch jemand Bundesliga guckt, das liegt sowieso an der unteren Tabellenhälfte. Hier ist noch alles offen, in der zweiten Tabellenhälfte stehen die Teams punktemäßig dicht beieinander. So hat zum Beispiel Hertha BSC am Samstag vor 60.827 Fans mit einem 2:0 gegen den 1. FC Köln den zweiten Heimsieg gefeiert – und darf jetzt auf Platz 15 überwintern.

Von mies zu danke

Dass bei Hertha BSC gerade eine besondere Stimmung herrscht, die auch neutralen Fußballliebhabern imponiert, das zeigt sich auch am Drumherum: Vor gar nicht so langer Zeit wurden die Spieler nach einem miesen Auftritt von ihren Fans genötigt, die Trikots vor der Ostkurve zu lassen – aktuell besuchen sie jene Ostkurve schon vor Spielbeginn, um sich für den Support zu bedanken. Dass der verletzte Stürmer Stevan Jovetić die Begegnung gegen Köln nicht irgendwo auf der Tribüne, sondern mit seinen Kollegen am Spielfeldrand verfolgte, ist auch so ein Zeichen.

Seit dem offenen Bruch mit Investor Lars Windhorst scheinen die Westberliner einen zweiten Frühling zu erleben. Gerade vor heimischer Kulisse macht es großen Spaß, ihnen zuzugucken. Für die Bundesliga sind sie deshalb ein großer Gewinn. Auch wenn sie wie vergangene Woche nach leidenschaftlichem Kampf 2:3 gegen den FC Bayern verlieren.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Kolumnist (Postprolet) und Redakteur im Ressort taz2: Gesellschaft & Medien. Bei der taz seit 2016. Schreibt über Soziales, Randständiges und Abgründiges.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.