Liga-Lieblinge aus Freiburg und Berlin: Spektakel der Modernen

Der 1. FC Union Berlin und der SC Freiburg erwischen erneut glänzende Saisonstarts. Auch, weil sie sich nicht nur über Erfolg erzählen.

Jubeltraube von Union Berlin nach einem Treffer

Effizient und klug: Spieler von Union Berlin bejubeln eines ihrer sechs Tore auf Schalke Foto: David Inderlied/dpa

Vielleicht ist es bezeichnend, dass die beiden Lieblinge der Liga, diese im besseren Sinne modernen Fußballunternehmen, an diesem Spieltag auch für die beste Unterhaltung sorgten. Spektakuläre 43 Torschüsse gaben vor allem Freiburg und ein wenig Bochum im Regenduell ab, das der SC mit 1:0 gewann. Und Union Berlin zerlegte Schalke rauschhaft mit 6:1, ja, wäre um ein Haar an die Tabellenspitze gesprungen. Beide, Freiburg und Union, feiern den erfolgreichsten Saisonstart ihrer Geschichte als Zweiter und Dritter der Männerbundesliga.

Das ist folgerichtig. Es gab einmal eine Zeit, da tippte ­Heribert Bruchhagen medienwirksam die Ligatabelle nach Klubbudget. Und meist bewahrheitete sich seine Vorhersage. In Zeiten immer unsinnigerer Budgets und statistisch immer höherer Siege einzelner Großkapitalisten ist der nationale Wettbewerb jenseits der uneinholbaren Top 3 aber erstaunlicherweise nicht erwartbarer, sondern weniger abhängig von Kaderkosten. Ginge es nach Budget, dürften schließlich weder Freiburg (9.) und noch viel weniger Union (14.) dieses Jahr Europapokalteilnehmer sein.

Schon klar, es gibt dort die vielzitierte Personalkonstanz, mit einem jeweils hervorragenden Trainer, kreativer ­Kaderzusammenstellung, ­guten Strukturen. Vor allem aber sind beide Klubs moderne Unternehmen. Solche nämlich, deren Geschichte zumindest teilweise unabhängig von Toren und Punkten funktioniert. Der sportliche Erfolg kommt nicht trotzdem, sondern deswegen. Sie sind wirtschaftlich extrem effizient, weil sie weniger ­spekulativ Geld verpulvern müssen, um die Liebe ihrer Fans zu halten.

Was veraltete Unternehmen sind, zeigen seit Jahren die beiden selbst ernannten Bayernjäger­ Dortmund und Leipzig. Zum x-ten Mal in Folge hat der BVB in einen vermeintlichen Meisterkader investiert, allein fast 100 Millionen auf dem Transfermarkt; bisher spielt das Team gewohnt ineffizient. Auch Leipzig blieb trotz Sieges gegen Wolfsburg wenig überzeugend und ist offenbar hinreichend mit dem hausinternen Machtkampf zwischen Mintzlaff und Tedesco beschäftigt.

Zwei Klubs wie Netflix; irgendwann mal innovativ, jetzt so verzweifelt erfolgsfixiert, dass sie nicht mehr in der Lage sind, interessante Impulse zu setzen. Gar nicht zu reden von Wolfsburg, wo Jahr für Jahr atemberaubende Budgets in den Sand gesetzt werden. Plötzlich gilt: Gute Arbeit lohnt sich wirklich. Allerdings überflügelt man Gegner mit doppeltem Budget auch leichter auf dem Niveau rund um Platz 5 als beim Titel.

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Jahrgang 1991, studierte Journalismus und Geschichte in Dortmund, Bochum, Sankt Petersburg. Schreibt für die taz seit 2015 vor allem über politische und gesellschaftliche Sportthemen zum Beispiel im Fußball und übers Reisen. 2018 erschien ihr Buch "Wir sind der Verein" über fangeführte Fußballklubs in Europa. Erzählt von Reisebegegnungen auch auf www.nosunsets.de

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