Linker Sozialdemokrat Ralf Stegner: Der Unvollendete

Ralf Stegner tritt als Vorsitzender der SPD Schleswig-Holstein ab. Fraktionschef im Landtag und Bundes-Parteivize wird er bleiben.

Ralf Stegner guckt grimmig

Ralf Stegner, der „Rote Rambo“ Foto: dpa

KIEL taz | Jahrelang galt er als Talent auf dem Sprung – Ralf Stegner, der Gastwirtssohn und linker Sozialdemokrat, der in Harvard studierte. Der scharfzüngige Genosse mit der Fliege, die er viele Jahre trug wie ein Symbol dafür, dass er anders war und sich das leisten konnte. Ralf Stegner, der Politik wie einen Kampfsport betreibt und gegen jeden Gegner in jeden Ring steigt, auch wenn es wehtut. Doch den Sprung von Schleswig-Holstein nach Berlin, etwa als Generalsekretär der SPD, hat der heute 59-Jährige nicht gemacht. Nun tritt er von einem seiner Ämter zurück: Am Wochenende gibt er den Vorsitz der Landes-SPD ab, designierte Nachfolgerin ist die Landtagsabgeordnete Serpil Midyatli. Fraktionschef im Kieler Landtag und stellvertretender Bundesvorsitzender wird Stegner bleiben.

Wie ungerecht es in der Politik zugehen kann, erlebte Ralf Stegner 2005: Heide Simonis wurde nicht erneut zur Ministerpräsidentin gewählt, viermal verweigerte ein unbekannter Abgeordneter ihr seine Stimme. Die SPD musste sich auf eine Koalition mit der CDU unter Peter Harry Carstensen einlassen. Stegner, der Finanzminister war und als Simonis’ Nachfolger gehandelt wurde, wurde Innenminister im Carstensen-Kabinett.

Eine Mischung wie Öl und Feuer: Carstensen, der eigentlich jeden umarmt, brachte Stegners Namen irgendwann nicht mehr über die Lippen, so verletzt fühlte er sich durch dessen ständige Sticheleien. Doch Stegner, der „Rote Rambo“, ein Medien-Spitznamen, der an ihm haftet, war 2007 mit großer Mehrheit zum Landesparteichef gewählt worden und setzte alles daran, das Profil der SPD zu schärfen: „Links, dickschädelig und frei“.

Ungerechtigkeit ist eines seiner Lebensthemen, die Auswirkungen davon spürte er selbst früh: Da es 1969 in seinem Heimatland Rheinland-Pfalz keine Lehrmittelfreiheit gab, musste der damals Zehnjährige aus Bad Dürkheim nach Mannheim pendeln, das Gymnasium zuhause wäre zu teuer für die Familie mit fünf Kindern gewesen. „Ich habe Aufstieg durch Bildung erfahren dürfen, habe erfahren, was man mit harter Arbeit erreichen kann“, schreibt Stegner über sich.

Harte Arbeit und klare Worte

Harte Arbeit – und klare Worte. Im Landtag, in Talkshows und seit einigen Jahren auf Twitter meldet Stegner sich mit pointierten Aussagen, scheut keine Auseinandersetzung mit Rechten und Halbrechten. Aber auch ParteifreundInnen bekommen etwas ab: „Wer Harmonie will, soll in den Gesangsverein“, ist so ein Stegner-Satz, über den viele GenossInnen ein Lied singen können.

Redetalent und linke Haltung hätten Stegner auf den Posten des Generalsekretärs bringen können. Aber andere, etwa Andrea Nahles, zogen an ihm vorbei. Es scheint wie verhext: Stegner gewinnt keine Wahlen. Weder mit der Partei, auch wenn Schleswig-Holstein etwas besser dasteht als der Rest der Republik, noch persönlich. So verlor er einen Mitgliederentscheid um den Posten des Spitzenkandidaten. Gegenspieler Torsten Albig wurde 2012 Ministerpräsident.

Aktuell ist Ralf Stegner, der Vater von drei Söhnen ist und mit seiner Frau im Örtchen Bordesholm lebt, Fraktionsvorsitzender im Kieler Landtag. Das Amt will er behalten – oder doch noch nach Berlin gehen? Darauf gab er in einem Interview mit der dpa eine halbe Antwort: Er nehme sein Amt als SPD-Bundesvize „mit großer Intensität wahr“ und fühle sich fit. Dementi klingt anders.

Die Fliege trägt er seit langem nicht mehr. Aber sowohl das frühere Bild des arroganten Harvard-Manns als auch das heutige des Miesepeters stimmen nur halb. „Viele, die mich kennenlernen, sagen mir, ich sei netter, als sie dachten“, lautet ein Satz, den Stegner gern über sich selbst sagt. „Und das ist doch besser als andersherum.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.