Linksfraktion steht zu Dietmar Bartsch: Die Lafodödel bleiben ruhig

Der Chef in spe erhält schlechte Presse. Die Partei hält sich mit Kritik zurück – sogar der linke Flügel, den Bartsch auf seinen Listen verspottete.

Die Delegierten der Linken, Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht verfolgen in Bielefeld den Parteitag.

Das neue Dreamteam? Sahra Wagenknecht soll Kovorsitzende von Bartsch werden. Foto: dpa

BERLIN taz | Wer in der Politik eine entscheidende Position bekleidet, gerät hin und wieder in die Situation, sich in einem Satz von Parteifreunden distanzieren zu müssen, sie aber gleich im nächsten Satz in Schutz zu nehmen. Wie ein Politiker so eine Situation möglichst beiläufig meistert, demonstrierte am Mittwoch Gregor Gysi, Chef der Linksfraktion.

„Ich würde keine Listen führen. Die Methodik fand ich nicht richtig“, sagte Gysi in Berlin. Eine klare Distanzierung von Dietmar Bartsch, der Gysi in zwei Wochen als Fraktionschef beerben soll, jetzt aber wegen seines Umgangs mit Genossen in die Schlagzeilen geraten ist. Wer nun denkt, dass Gysi seinen Nachfolger fallen lässt, liegt aber falsch. „Diese Meldung ist Ausdruck eines Misstrauens, dass nach dem Parteitag 2012 in der Partei herrschte. Dietmar Bartsch und Sahra Wagenknecht haben sich in den letzten Wochen daran gemacht, dieses Misstrauen abzubauen“, schob Gysi nämlich hinterher.

Gysi hat damit zusammengefasst, was die Partei von Bartschs Listen hält: Nicht glücklich, aber kein Grund zur Aufregung. Zumindest nicht jetzt, zumindest nicht öffentlich.

Die Affäre dreht sich um Dokumente aus dem Jahr 2012, über die am Dienstag zuerst die Welt berichtet hatte. Bartsch beauftragte demnach Vertraute in der Partei damit, die 44 Mitglieder des neu gewählten Vorstands unter anderem nach ihren politischen Positionen zu kategorisieren. Pikant sind nicht zuletzt die verwendeten Klassifizierungen: Z wie zuverlässig, U wie unabhängig und L wie Lafodödel – die Anhänger des Parteilinken Oskar Lafontaine also. Das Material erhielt die Welt offenbar von Insidern.

Klares Kalkül

Ähnlich wie vor drei Monaten also, als die Zeitung den stellvertretenden Fraktionschef schon einmal in Bedrängnis brachte. Sie schrieb damals, dass der Partei durch den Verkauf von Anteilen an der Tageszeitung Neues Deutschland an einen Bartsch-Bekannten Hunderttausende Euro entgangen seien. Geschäftsführer im Karl-Liebknecht-Haus zum Zeitpunkt des Deals: Bartsch selbst.

Um seine Wahl zum Fraktionschef muss der 57-Jährige trotz der schlechten Presse allerdings nicht zittern. Schließlich hat kaum jemand in der Fraktion ein ernsthaftes Interesse daran, Bartsch zu stürzen.

Das Reformerlager stellt sich ohnehin hinter ihren Anführer. „Nichts Neues, dass in Parteien vor und nach Wahlen durchgezählt wird“, sagte beispielsweise die Abgeordnete Halina Wawzyniak. Der linke Parteiflügel, von Bartsch als Dödel geschmäht, stärkt dem künftigen Fraktionschef zwar nicht den Rücken. Attacken auf ihn bleiben aber ebenfalls aus. Das Kalkül ist klar: Kovorsitzende von Bartsch soll die Parteilinke Sahra Wagenknecht werden. Würde Bartsch gestürzt, wäre auch ihre Wahl in Gefahr.

Bleibt noch eine Reihe von Abgeordneten, die keinem Lager angehören. Diese Gruppe gehört zwar nicht zu den größten Fans des neuen Führungsduos. Den Blockfreien ist aber klar, dass sie dessen Wahl nicht im Alleingang verhindern können. Öl ins Feuer gießen daher auch sie nicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.