Linkspartei und R2G: Doch wieder Schmuddelkind

Aus der Traum vom rot-rot-grünen Regierungsbündnis? Die SPD teilt gegen die Linkspartei aus und kokettiert in Richtung FDP.

Porträt Katja Kipping

Die Parteichefin ist nicht unbedingt begeistert Foto: imago/Rainer Unkel

BERLIN taz | Katja Kipping hat es in dieser Woche wieder versucht. „Wenn die SPD die Ehe für alle beschließen will – die Linke steht bereit“, reichte die Parteivorsitzende den Sozialdemokraten rhetorisch die Hand.

Allein, die SPD will nicht. Klar, die Ehe für alle will sie durchsetzen – aber nicht gegen die Nochregierungspartner und schon gar nicht mit der Linkspartei. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hat am Wochenende erklärt, was er von der Linkspartei hält: diese sei noch weit von der Regierungsfähigkeit entfernt.

Die Hoffnungen auf ein rot-rot-grünes Bündnis, die SPD-Chef Martin Schulz mit seinem Amtsantritt geweckt hatte, scheinen dreieinhalb Monate vor der Bundestagswahl schon wieder zerstoben. Die Linkspartei ist im SPD-Universum zurück beim Status quo ante Schulz: als politisches Schmuddelkind.

„Die Situation macht mich fassungslos“, sagt Linken-Fraktionsvize Jan Korte. „Die SPD muss von Sinnen sein“. Wie die Linke damit umgehen soll, diskutierten sie am Montag auch lange im Fraktionsvorstand. Ergebnis: Man konzentriert sich jetzt voll auf die eigenen Wahlkampfthemen. Hauptgegner sind natürlich Merkel und Schäuble. Aber die Schonzeit für die SPD ist vorbei. „Jetzt gibt es retour“, meint Korte.

Vom Dauerkritiker zum Partner

Fraktionschefin Sahra Wagenknecht schritt am Donnerstag, als es im Bundestag um die Bund-Länder-Finanzbeziehungen und mögliche Autobahnprivatisierungen ging, gleich zur Tat: Der Regierung, namentlich den Sozialdemokraten, warf sie vor, das Land mit Lobbyismus, billiger Trickserei und mutwilliger Täuschung zu regieren. Oppermann fühlte sich bestätigt.

Dabei hat die Linkspartei im vergangenen Jahr eine stille Entwicklung vom Dauerkritiker der SPD zum möglichen Partner hingelegt. „Wir verkörpern jetzt eine glaubwürdige Offenheit“, meint Korte. Die Regierungsbefürworter vom Realoflügel, zu dem Korte zählt, waren weithin vernehmbar. Wagenknecht, Vertreterin des linken, regierungskritischen Parteiflügels, hatte sich nach Schulz’ Nominierung zum Kanzlerkandidaten im Februar zurückgehalten. Dass man Schulz „leidenschaftlich“ gelobt habe, wie sie einmal behauptete, lässt sich aus den wöchentlichen Mails an ihre Unterstützer zwar nicht herauslesen. Aber sie machte der SPD zu Beginn jeder Sitzungswoche öffentlichkeitswirksame Anträge, was sich zusammen umsetzen ließe: Managergehälter begrenzen, die Abgeltungssteuer abschaffen – alles SPD-Anliegen.

Die Linkspartei ist im SPD-Universum zurück beim Status quo ante Schulz

Doch die Sozialdemokraten blinken seit der verlorenen Wahl im Saarland, vor der sie ein Bündnis mit Lafontaines Linken geliebäugelt hatte, lieber in Richtung FDP. „Der SPD geht es wie Buridans Esel“, zitiert Linken-Vorstandsmitglied Thomas Nord ein persisches Gleichnis. Besagter Esel steht zwischen zwei Heuhaufen. Weil er sich nicht entscheiden kann, von welchem er fressen soll, verhungert er am Ende.

Nord hat sich zusammen mit Axel Schäfer (SPD) und Frithjof Schmidt (Grüne) um den rot-rot-grünen Haufen gekümmert. Seit Oktober trommelten sie in regelmäßigen Abständen Abgeordnete aller drei Fraktionen zum medienöffentlichen R2G-Trialog zusammen. R2G ist die Chiffre für ein Bündnis aus SPD, Linken und Grüne.

Das letzte Treffen fand nach der NRW-Landtagswahl am 16. Mai statt. Seitdem ruht der Trialog. „Wir befinden uns im Standbymodus“, meint Nord. Da es aus den Parteivorständen von SPD und Grünen derzeit keine Unterstützung für R2G gebe, habe es auch keinen Sinn weitere Treffen anzuberaumen. „Den linken Haufen haben wir jetzt allein“, meint Nord. „Der ist für uns eigentlich zu groß. Aber wir verhungern wenigstens nicht.“

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