„Linksterrorist“ freigesprochen: Sieben Jahre Untersuchungshaft

Weil er angeblich an einem linken Anschlag in der Türkei beteiligt war, verbrachte Faruk E. sieben Jahre in deutscher U-Haft. Nun wurde er freigesprochen.

Freispruch unter Hochsicherheit: Polizisten vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf. Bild: dpa

DÜSSELDORF dpa | Nach fast sieben Jahren in Untersuchungshaft hat das Düsseldorfer Oberlandesgericht einen Angeklagten vom Vorwurf des Mordes freigesprochen. Das Gericht habe den Hauptbelastungszeugen in der Türkei trotz intensiver Bemühungen nicht vernehmen können, sagte die Vorsitzende Richterin Barbara Havliza am Freitag.

Dem 60-jährigen Angeklagten, Faruk E., war vorgeworfen worden, als Führungskader der linksterroristischen Dev Sol von Deutschland aus einen Anschlag in Istanbul befohlen zu haben, bei dem 1993 zwei Polizisten und drei der Attentäter getötet worden waren.

In den 1980er Jahren hatte der Staatenlose bereits wegen anderer Vorwürfe vier Jahre ohne Urteil in türkischer Haft verbracht. Er sei in der Türkei damals auch gefoltert worden, erklärte sein Verteidiger Peter Budde. Nun steht ihm wegen der U-Haft eine Entschädigung zu.

Im Jahr 2007 war Faruk E. in Deutschland festgenommen worden. 2009 begann der erste Prozess vor dem Oberlandesgericht. Er endete 2011 mit der Verurteilung zu lebenslanger Haft als Drahtzieher des Anschlags.

Bei einer geplanten Zeugenvernehmung in der Türkei hatte die türkische Justiz überraschend einen anderen als den geplanten Zeugen präsentiert. Der neue Zeuge belastete den Angeklagten: Ein anderes Mitglied der kommunistischen Terrorgruppe habe ihm verraten, dass der Angeklagte den Anschlag befohlen habe.

Schlüsselzeuge durch Hörensagen

Die Verteidiger kritisierten, die hätten sich auf den neuen Zeugen kaum vorbereiten können und sprachen von einem Komplott des türkischen Staates. Dieser „Zeuge vom Hörensagen“ wurde dennoch zum Schlüsselzeugen, auf den sich die Verurteilung zu lebenslanger Haft stützte. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil aber 2012 wegen Widersprüchen in dessen Aussage auf.

Bei der fälligen Neuauflage des Prozesses hatte das Gericht es nicht geschafft, den Schlüsselzeugen, der sich in einem türkischen Zeugenschutzprogramm befinden soll, erneut zu befragen. Während die Türkei allen anderen Hilfeersuchen des Senats umgehend entsprochen habe, sei ausgerechnet dieser Zeuge für den Senat nicht greifbar gewesen. Gründe habe die Türkei dafür nicht genannt. Dies spreche „eine eigene Sprache“, sagte Havliza.

Seit der Festnahme in Hagen im April 2007 saß der Angeklagte bis Februar 2014 in Untersuchungshaft, dann hatte der Senat den Haftbefehl aufgehoben. Der Prozess ging aber weiter. Aus der auch in Deutschland verbotenen Dev Sol war später die DHKP-C hervorgegangen.

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