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Lobbyeinfluss auf BundesregierungFragen zur Burger-Nähe der Union

In der Opposition stellte die Union der Ampel-Regierung Fragen zur Staatsfinanzierung von NGOs. Nun nimmt die Linke die Wirtschaftsnähe der Konservativen unter die Lupe.

Bombenstimmung auf dem Bundesparteitag der CDU im Februar in Berlin Foto: Nikita Teryoshin
Kersten Augustin
Ralf Pauli

Von

Kersten Augustin und Ralf Pauli aus Berlin

taz | Es ist erst ein gutes halbes Jahr her, dass die Union, damals noch in der Rolle der Oppositionspartei, 551 Fragen an die Bundesregierung stellte. In dem Fragenkatalog ging es um die staatliche Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen. Kurz zuvor hatte es große Demonstrationen gegeben, auch vor der Parteizentrale der CDU, nachdem diese im Bundestag erstmals einen Antrag gemeinsam mit den Stimmen der AfD durchgebracht hatte.

Die Fragen der Union zielten auf Organisationen, die an diesen Protesten beteiligt waren. „Staatlich finanzierte Organisationen müssen ihre politische Neutralität wahren“, hieß es in dem Fragekatalog der Union. Organisationen wie die Omas gegen Rechts, Campact oder die Amadeu-Antonio-Stiftung kritisierten dies als Einschüchterungsversuch und Angriff auf die Zivilgesellschaft.

Seit die Union selbst in der Bundesregierung ist, sieht sie das mit der Neutralität offenbar nicht mehr so genau. Im Haushaltsausschuss sorgte sie jüngst dafür, dass der rechtskonservative Thinktank Republik 21 (R21) in Zukunft 250.000 Euro Zuschüsse erhält. Die taz inspirierte dies zu einem Fragenkatalog zur politischen Neutralität der Organisation.

Auch die Linksfraktion will nun offenbar den Spieß umdrehen. In einer Großen Anfrage, die der taz vorliegt, hat sie immerhin 51 unbequeme Fragen zur Wirtschaftsnähe der Bundesregierung zusammengetragen. Darunter: Welche Mitglieder vor ihrer Amtsausübung „Tätigkeiten als Mitglied eines Vorstandes, Aufsichtsrates, Verwaltungsrates, Beirates oder eines sonstigen Gremiums eines Unternehmens oder Wirtschaftsverbandes ausgeübt“ hätten und ob die Regierung darin einen Konflikt sehe.

Parteitag dank McDonald’s

Die Linke will beispielsweise auch wissen, ob es „nach Ansicht der Bundesregierung eine Gefahr für Gewährleistungen demokratischer politischer Entscheidungsprozesse“ darstelle, wenn einzelne Parteien ihre Parteitage durch Unternehmen oder Wirtschaftsverbände sponsern lassen.

Mit unseren 51 Fragen wollen wir problematischen Lobbyismus aufdecken,

Ina Latendorf, Linkspartei

Es ist eine Anspielung darauf, dass der Bundesparteitag der CDU Anfang Februar von der Fast Food-Kette McDonald’s gesponsert worden ist. Pikant: Union und SPD haben mittlerweile eine Senkung der Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf den Weg gebracht – von der auch McDonald’s profitieren wird. Nach Angaben des Vereins foodwatch erhielt die CDU im Januar auch eine Großspende des Gastro-Unternehmer Max Schlereth in Höhe von 500.000 Euro. Wäscht da eine Hand die andere, wie einst unter der FDP? Die Liberalen hatten im Jahr 2010 Großspenden aus der Hotelbranche erhalten und die damalige schwarz-gelbe Regierung hatte die Hoteliers dann mit steuerlichen Vorteilen bedacht.

Die Linkenabgeordnete Ina Latendorf fordert gegenüber der taz Klarheit: „Mit unseren 51 Fragen wollen wir problematischen Lobbyismus aufdecken, indem wir den relevanten politischen Einfluss von Unternehmen und Wirtschaftsverbänden abfragen.“ Gegenüber der taz betont Latendorf aber, dass es ihr mit der Anfrage auch darum gehe, ein Zeichen zu setzen – gegen den „Frontalangriff auf die Zivilgesellschaft“ und die „551 größtenteils völlig haltlosen Fragen der Unionsfraktion“.

Bislang hat Kritik die Union nicht von ihrem Kurs abgebracht. Aktuell arbeitet die zuständige CDU-Ministerin Karin Prien an einer Kehrtwende bei der Demokratieförderung. „Es kann nicht die Lösung sein, Rechtsextremismus über die Förderung linker Aktivisten bekämpfen zu wollen“, sagte Prien im September in einem Interview. Zuvor hatte sie bereits angekündigt, Vereine, die über das Bundesprogramm „Demokratie Leben!“ gefördert werden, vom Verfassungsschutz durchleuchten zu lassen.

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