Logo für CO2-Bilanz von Lebensmitteln: „Klima-Kennzeichnung ist sinnvoll“

Einzelne Unternehmen kennzeichnen die CO2-Bilanz ihrer Produkte. Wichtig sind verpflichtende Standards, sagt die Lebensmittelexpertin Britta Schautz.

Auf der Internationalen Grünen Woche 2019 sind Kisten mit Gemüse und Obst ausgestellt

Unverarbeitete Lebensmittel aus der Region haben einen kleinen CO2-Fußabdruck Foto: dpa

taz: Frau Schautz, der Hersteller von vegetarischen und veganen Lebensmitteln Quorn will ab Juni den CO2-Fußabdruck seiner Lebensmittel mit einem Logo kennzeichnen. Ist das sinnvoll?

Britta Schautz: Im Prinzip kann eine Kennzeichnung der Klimawirkung eines Produktes sinnvoll sein. Viele Menschen sind für das Klima sensibilisiert und wollen wissen, woher ihre Lebensmittel kommen, ob sie eine gute CO2-Bilanz haben und welche Ressourcen bei der Herstellung benötigt wurden. Doch die praktische Umsetzung einer solchen Kennzeichnung ist sehr schwierig.

Wieso?

Weil sich der CO2-Abdruck eines einzelnen Produkts aus sehr vielen Faktoren zusammensetzt, die man bei der Kennzeichnung alle berücksichtigen muss. Bei unverarbeiteten Lebensmitteln wie Obst und Gemüse ist das noch relativ leicht, bei verarbeiteten Lebensmitteln hingegen manchmal schwierig. Dazu stellt sich die Frage, ob es sich um ein pflanzliches oder tierisches Lebensmittel handelt und die Länge und Art des Transportweges.

ist Lebensmittelexpertin der Verbraucherzentrale Berlin.

Wie setzt sich beispielsweise die CO2-Bilanz bei einer Gemüse-Reispfanne aus dem Tiefkühlregal im Supermarkt zusammen?

Genau bei solchen verarbeiteten und zusammengesetzten Lebensmitteln ist die Berechnung des CO2-Abdrucks schwierig. Die Lieferkette ist dabei entscheidend. Nehmen wir an, der Produzent der Gemüsepfanne bezieht seine Paprika aus den Niederlanden. Wenn dort aber mal keine verfügbar ist, weicht er vielleicht auf China aus und fliegt sich das Gemüse ein, das womöglich mit mehr Pestiziden angebaut wurde. Die CO2-Bilanz wäre dann bei manchen Chargen der Reispfanne viel höher als bei anderen. Dementsprechend schwierig ist die Berechnung und auch eine mögliche Kennzeichnung.

Dann könnte jedes Unternehmen ja dann sein eigenes CO2-Abdrucksiegel mit eigenen Methoden schönrechnen. Brauchen wir da nicht von der Politik festgelegte verbindliche Standards?

Ja. Die Wissenschaft sollte ermitteln, wie ein Standard aussehen könnte, der dann für alle gesetzlich verbindlich wird. Gleichzeitig sollte es eine externe Kontrolle geben. Denn ein entscheidender Punkt für die Kennzeichnung ist die Vergleichbarkeit zwischen den Lebensmitteln, ähnlich wie bei Bio-Siegeln oder der Nährwerttabelle. Es ist eine Aufgabe der Politik, dies zu regeln. Denn sonst haben wir mit der neuen Kennzeichnung nichts gewonnen, sondern verwirren Verbraucher*innen nur.

Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) hält von Verpflichtungen relativ wenig. Die angekündigte Lebensmittelampel soll etwa freiwillig bleiben für Unternehmen.

Freiwilligkeit halte ich für den falschen Weg. Denn so würden vor allem Unternehmen die Kennzeichnung verwenden, die bereits eine gute CO2-Bilanz haben. Oder die Verbraucher*innen denken, Produkte ohne Siegel verursachen in der Produktion gar kein CO2. Politisch ist es aber wegen unseres europäischen Lebensmittelrechts zeitintensiv, dass sich alle Länder untereinander koordinieren. Trotzdem sind einzelne Länder wie Dänemark Vorreiter. Dort entwickelt die Politik gerade ein Siegel.

Und Deutschland?

Allein über die Lebensmittelampel diskutieren wir jetzt schon seit mindestens zehn Jahren, und bis jetzt ist sie nicht verpflichtend. Die Umsetzung wird schwierig, da die Berechnung komplex ist und die Standards verbindlich sein müssen. Somit wird dies wahrscheinlich nicht zeitnah umzusetzen sein.

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