Lübecker Flughafen pleite: Der Investor, ein flüchtiges Wesen

Ein Insolvenzverwalter soll nun nach Lösungen für den vor der Pleite stehenden Airport und die 100 Beschäftigten suchen.

Hier hat jetzt ein Insolvenzverwalter das Sagen: der Flughafen Lübeck-Blankensee. Bild: dpa

HAMBURG taz | Der Lübecker Flughafen ist nicht das einzige Projekt, mit dem der deutsch-ägyptische Investor Mohamad Rady Amar Schiffbruch erlitten hat. Auch auf dem Gelände des Jade-Weser-Ports in Wilhelmshaven hat er ein Gelände gepachtet und nicht bezahlt. Der Plan, hier den Export von Teilen stillgelegter deutscher Atomkraftwerke abzuwickeln, ist gescheitert. Unterdessen sucht ein Insolvenzverwalter nach einer Zukunft für den Flughafen.

Der Hamburger Rechtsanwalt Klaus Pannen, der am Mittwoch vom Amtsgericht Lübeck zum Insolvenzverwalter ernannt wurde, hat am Donnerstag seine Arbeit auf dem vor der Pleite stehenden Airport aufgenommen. Für die 100 Beschäftigten seien die Gehälter „zumindest für April, Mai und Juni“ gesichert, sagte Pannen. Er wolle sich rasch einen ersten Überblick über die Situation verschaffen und „Kontakte zu möglichen Interessenten zügig aufnehmen“.

Vorige Woche war überraschend bekannt geworden, dass der bisherige Eigentümer, der Deutsch-Ägypter Mohamad Rady Amar, seine Anteile an der Yasmina Flughafenmanagement GmbH, die den Flughafen seit dem 1. Januar 2013 betreibt, und deren Muttergesellschaft 3-Y an den Berliner Geschäftsmann Adam Wagner verkauft hat. Beide sind nicht erreichbar. Der Stadt schuldet Yasmina noch etwa 189.000 Euro Pacht.

Amar hatte den Airport 2012 für den Preis von einem Euro von der Stadt gekauft und angekündigt, ihn zu einem Airport mit internationalem Standard auszubauen und bis zu 20 Millionen Euro zu investieren. Zudem wollte er im angrenzenden Gewerbegebiet für einen zweistelligen Millionenbetrag eine Glasfaserfabrik errichten und 130 Arbeitsplätze schaffen. Daraus wurde bislang nichts.

„Dafür ist wohl jede Grundlage entfallen“, sagt der grüne Fraktionsvorsitzende in der Lübecker Bürgerschaft, Thorsten Fürter. „Die vollmundigen Versprechungen über Millioneninvestitionen – alles gelogen.“ Das Vertragswerk von SPD-Bürgermeister Bernd Saxe habe eine Halbwertzeit von nicht einmal anderthalb Jahren gehabt. Saxe selbst vermutet in einem Interview der Lübecker Nachrichten, dass „innerhalb der Unternehmensgruppe Amar etwas schiefgegangen ist“. Und da kommt ein anderes norddeutsches Großprojekt ins Spiel: der Jade-Weser-Port in Wilhelmshaven.

Dort hatte Amars 3-Y vor einem Jahr fünf Hektar Fläche gepachtet, um für 20 Millionen Euro eine Halle zu errichten. Von hier sollten in Einzelteile zerlegte Kraftwerke und andere Industrieanlagen verschifft werden. Die erste Großlieferung sollte der Generator des stillgelegten Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich bei Koblenz sein. Der 450 Tonnen schwere Koloss, der 1.300 Megawatt Strom produzieren kann, sollte in ein Gaskraftwerk im ägyptischen Nildelta eingebaut werden.

Das Projekt ist nach taz-Informationen jetzt gescheitert, weil der Transport von Teilen aus Atomkraftwerken in Krisenländer des Nahen Ostens keine Chance auf eine Exportgenehmigung der Bundesregierung hat. Somit sei das Geschäftsmodell, im Zuge des Atomausstiegs abgeschaltete deutsche AKWs stückchenweise in arabische Staaten zu verschiffen, gescheitert, sagen Experten. Auch für die Wilhelmshavener ist Amar nicht erreichbar, Pacht hat er auch noch nicht gezahlt. Die niedersächsische Vermarktungsgesellschaft des Jade-Weser-Ports will nach Angaben der Stadt nun die Verträge rückabwickeln.

Ein ähnliches Vorgehen müsste auch Lübeck prüfen, sagt Fürter. Eine kommunale Übernahme des Flughafens lehnt er ab. Sowohl die hoch verschuldete Hansestadt als auch das Land Schleswig-Holstein haben eine Übernahme bereits ausgeschlossen. Die Stadt könne und wolle das nicht leisten, sagt auch Fürter: „Ohne eine klare wirtschaftliche Perspektive geht das nicht.“

Der geplante Ausbau des Flughafens stockt seit Jahren. Beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Schleswig sind mehrere Klagen gegen die Verlängerung der Start- und Landebahn um 155 Meter auf 2,3 Kilometer anhängig. Einen für Mittwoch angesetzten ersten Verhandlungstermin hatte das Gericht kurzfristig abgesagt. Das OVG soll unter anderem bewerten, ob der Eigentümer genug Geld hat, um den Ausbau zu bezahlen.

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