Luftverschmutzung in Deutschland: Atmen jetzt etwas weniger gefährlich

Die Belastung der Luft mit Stickoxiden und Feinstaub ging 2018 leicht zurück. Trotzdem liegen viele deutsche Hauptstraßen weit über den Grenzwerten.

Bläuliche Rauchwolken stößt der Dieselmotor eines Kleinlasters aus, der auf einem Parkplatz gestartet wird

Etwas weniger als 2017 – aber die Luft an vielen Straßen ist immer noch stark schadstoffbelastet Foto: dpa

Die Luft in deutschen Städten ist im vergangenen Jahr ein wenig besser geworden, liegt aber an vielen Stellen weiterhin im roten Bereich. Die Belastung mit Stickstoffdioxid (NO2) ist nach vorläufigen Zahlen des Umweltbundesamts (UBA) um etwa 2 Mikrogramm zurückgegangen, erklärte die Behörde am Donnerstag. An 39 Prozent (2017: 45 Prozent) aller 500 verkehrsnahen Messstellen liegt die Belastung demnach aber immer noch teilweise deutlich über dem EU-Jahresmittelwert von 40 Mikrogramm.

Auch die Belastung mit Feinstaub hat sich verringert, inzwischen werden fast überall die Grenzwerte eingehalten. Die sind in der EU allerdings deutlich weniger ehrgeizig als von der Weltgesundheitsorganisation WHO vorgeschlagen. Der lange heiße Sommer 2018 brachte in Deutschland außerdem gefährlich hohe Werte bei der Ozonbelastung.

Die höchsten NO2-Durchschnittswerte gab es nach den UBA-Daten in Stuttgart (71 Mikrogramm), München (66), Kiel (60) und Köln (59). Die Senkung der NO2-Belastung führt das UBA darauf zurück, dass Fahrverbote, Tempolimits, Software-Updates und neue Autos weniger giftigen Schadstoff emittieren. Allerdings dauere es „mit den derzeitigen Maßnahmen einfach zu lange, bis wir überall saubere Luft haben“, sagte UBA-Präsidentin Maria Krautzberger. Die Diesel-Pkw, die einen Großteil des Problems ausmachen, müssten „endlich nachgerüstet werden, und zwar auf Kosten der Industrie“, die Technologie und der rechtliche Rahmen dafür stünden bereit.

Wie und wo Schadstoffe gemessen werden, stellt das Bundesverkehrsministerium allerdings gerade in Frage. Die Bundesregierung untersucht, ob eine Überschreitung des Werts bis 50 Mikrogramm als verhältnismäßig anzusehen ist. Und in einem Brief an die EU-Verkehrskommissarin hat Minister Andreas Scheuer (CSU) jetzt darauf gedrängt, eine „Neubewertung der EU-Grenzwerte zu prüfen“.

Weit überhöhte Werte auf Ausfallstraßen

Er verweist dafür auf einen Brief von etwa 100 deutschen Lungenärzten, die die Grenzwerte als unwissenschaftlich bezeichnen. Der Brief wiederum war bei vielen deutschen und internationalen Fachärzten auf Widerstand gestoßen, weil er nicht den aktuellen Stand des Wissens abbilde.

Auch in München wehrt sich SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter gegen drohende Fahrverbote. Die hohen Schadstoffwerte seien „offensichtlich unzutreffend“ kritisierte Reiter im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung.

Zusätzlich zu den bisherigen Messpunkten, die das Landesumweltamt nach EU-Vorgaben betreut, hat die Stadt selbst an 20 Stellen gemessen – und teilweise deutlich niedrigere Werte festgestellt. Bisher wurden die Belastungen mit Daten von 2015 berechnet. Die eigenen Messungen hat die Stadt München aber vor allem in Wohngebieten vorgenommen. Dort liegen auch nach den Landesmessungen die Werte niedriger. An Ausfallstraßen wiederum stellen auch die städtischen Messgeräte weit überhöhte Werte fest.

„Die Luft in München ist deutlich besser als vielfach angenommen und vom Freistaat 2017 berechnet wurde“, so Reiter. „Darüber bin ich sehr froh.“ Ob diese Freude reicht, Fahrverbote zu verhindern, ist fraglich. Denn die deutliche Überschreitung der Grenzwerte an den Hauptstraßen ist vielfach dokumentiert. Schon vor Jahren hatte das Verwaltungsgericht München geurteilt, das Land Bayern müsse deshalb in der Landeshauptstadt ein Fahrverbot verhängen. Weil die Landesregierung dieses Urteil aber konsequent ignoriert hatte, legte der Verwaltungsgerichtshof 2018 dem Europäischen Gerichtshof die Frage vor, ob in diesem Fall „Zwangsmaßnahmen“ gegen die Regierung möglich seien.

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