LuxLeaks-Affäre: Null Bock auf Aufklärung

Will man so genau wissen, was Ex-Premier Juncker in der Luxemburger Steuerflucht-Affäre verbockt hat? Parlamentspräsident Schulz offenbar nicht.

Ziemlich beste Freunde: EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (l.) und Kommissionspräsident Jean Claude Juncker. Bild: dpa

BRÜSSEL taz | Wird die „LuxLeaks“-Steueraffäre doch nicht aufgeklärt? Kurz vor der entscheidenden Sitzung im Europaparlament am Donnerstag sind neue Zweifel aufgekommen. Ein Rechtsgutachten stellt überraschend den von den Grünen beantragten Untersuchungsausschuss in Frage.

Zudem wurde bekannt, dass Luxemburg schon seit Jahren verpflichtet war, seine Steuerschlupflöcher offenzulegen – doch Brüssel unternahm nichts.

Es ist wie in einem schlechten Krimi. Immer wenn neue Indizien zur möglichen Verwicklung von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker in die LuxLeaks-Affäre bekannt werden, erleiden die Aufklärer einen herben Rückschlag.

So auch jetzt wieder. In wochenlanger Überzeugungsarbeit haben es Grüne und Linke geschafft, genug Unterschriften für einen Untersuchungsausschuss im Europaparlament einzusammeln. Sogar CDU- und CSU-Abgeordnete ziehen mit, obwohl ihre Fraktion offiziell wie ein Mann hinter Juncker steht. Am Donnerstag sollen die Fraktionschefs den Ausschuss aus der Taufe heben.

Mandat nicht rechtskonform?

Doch am Dienstag zog Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) ein Gutachten aus dem Hut, dem zufolge das von den Grünen beantragte Mandat nicht rechtskonform sei. In diesem Mandat seien „die mutmaßlichen Verstöße der anwendbaren Regeln nicht ordnungsgemäß identifiziert und spezifiziert“. Im Klartext: Der Untersuchungsausschuss kann nicht wie geplant starten, oder das Mandat muss geändert werden.

Die Grünen vermuten ein politisches Manöver, um den Ausschuss in letzter Minute doch noch zu verhindern. „Wir sind überzeugt, dass alle Einwände des juristischen Dienstes ausgeräumt werden können“, sagt Fraktionschefin Rebecca Harms. Ob der Ausschuss zustande komme, sei nur eine Frage des politischen Willens.

Doch damit ist es offenbar nicht weit her. Das legt eine lange vergessene, nun aber plötzlich wieder hochaktuelle EU-Richtlinie aus dem Jahre 1977 nahe. Schon damals wurden die EU-Mitgliedstaaten zur Zusammenarbeit in Steuerfragen verpflichtet, wie Grünen-Finanzexperte Sven Giegold herausfand. 2011 wurde die Richtlinie sogar noch ausgeweitet.

Es gab schon eine Rechtsgrundlage

Die bis heute gültige Version sieht vor, dass die Finanzbehörde eines Mitgliedstaates andere EU-Länder informiert, wenn sie „Gründe für die Vermutung einer Steuerersparnis durch künstliche Gewinnverlagerungen innerhalb eines Konzerns“ hat oder „Steuerverkürzung in dem anderen Mitgliedstaat“ vermutet.

Es gab also schon eine Rechtsgrundlage, gegen die umstrittenen „tax rulings“ vorzugehen, mit denen Konzerne Milliarden an Steuern sparen. Doch die EU-Staaten haben stillgehalten, obwohl sie vermutlich längst von den Schlupflöchern wussten, die Luxemburgs früherer Premier Juncker mit zu verantworten hat. Auch die EU-Kommission unternahm nichts.

Erst die LuxLeaks haben Brüssel aufgerüttelt. Doch auch die Reaktion der Juncker-Kommission sei völlig unzureichend, kritisiert Giegold. Sie will die „tax rulings“ nun offenlegen – dabei hätte sie das längst tun müssen. Immerhin legte die Brüsseler Behörde am Dienstag noch ein wenig nach. Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager leitete wegen möglicher illegaler Steuerdeals Ermittlungen gegen Belgien ein. Ähnliche Verfahren laufen bereits gegen Irland, die Niederlande und Luxemburg. Ergebnisse gab es noch keine – von Strafen ganz zu schweigen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.