Länderspiel gegen die Niederlande: Sedierendes Nullnummernspiel

Die Nationalmannschaft reagiert auf die Kritik der letzten Wochen und zeigt in einem überaus öden Kick, dass sie auch ein bisschen verteidigen kann.

Sagte, er hätte ein gutes Spiel gesehen. Welches denn bloß? Bondscoach Louis van Gaal Bild: dpa

AMSTERDAM taz | Klar, sie hätten das DFB-Fußballjahr mit einem Spektakel beenden können, so wie die Schweden mit ihrem großartigen Zlatan Ibrahimovic in ihren Spiel gegen England, über das jetzt die ganze Fußballwelt spricht, aber die Elf von Bundestrainer Joachim Löw hatte es vorgezogen, ein besonders bedeutungsvolles 0:0 zu erspielen. Nie war dieses dröge Ergebnis wichtiger als jetzt, erspart es dem DFB-Team doch eine leidige Diskussion über die Defensivstärke der Auswahl.

Sie haben gegen die gefühlte Weltklassemannschaft der Holländer in Amsterdam 0:0 gespielt, das dient nun als Beleg, um den Kritikern des deutschen Spielstils entgegenzuhalten: Es geht auch anders; es muss nicht immer ein manisch-depressives 4:4 wie zuletzt in Berlin gegen ebenjene Schweden sein, wir können auch ein bisschen verteidigen, verriegeln, verrammeln, hinten dichtmachen und dem Gegner auf den Füßen stehen.

Dass bei all der absichtsvollen Taktiererei der Spaß am Spiel verloren geht und der Unterhaltungswert sich asymptotisch der Null (!) annähert, dass die Zuschauer von schweren Langeweileanfällen befallen wurden und selten ein Spiel zwischen den Erzrivalen öder war – geschenkt.

Hier ging es Löw darum, Ruhe zu haben bis zum nächsten Länderspiel am 6. Februar 2013 gegen Frankreich. Der jetzige Kick sollte einen sedierenden Effekt haben. Und den hatte er ohne Zweifel. Die Partie wirkte bisweilen nachhaltiger auf den Stoffwechsel als eine Valiumpille. Der „Hexenkessel“, von dem Löw nach dem Spiel merkwürdigerweise sprach, brodelte kein einziges Mal. Viele Fans verließen schon 15 Minuten vor Ende das Nullnummernspiel.

„Positionstreu, kompakt und diszipliniert“

Logisch, dass Bundestrainer Löw Gefallen an der unterhaltungsarmen Partie fand. „Es war wichtig, dass wir das nicht wiederholen“, sagte er. Gemeint war das semitraumatische Schwedenspiel, in dem eine komfortable 4:0-Führung in nur 30 Minuten leichtfertig verspielt wurde und Löw infolgedessen medial noch mehr in Bedrängnis geriet. Am Mittwoch habe die Mannschaft jedoch sehr „positionstreu, kompakt und diszipliniert“ gespielt. „Wir waren schon stark in der Ballzirkulation und haben sie gut angelaufen“, also früh verteidigt.

Vielleicht, sagt Löw, habe die Mannschaft nicht ganz die Offensivkraft gezeigt, die man sonst gewöhnt sei, aber nun ja. Wenn man die Partie als fußballerische Replik auf die Ereignisse von Berlin verstehen will, dann musste man das eben in Kauf nehmen. Die Fußballnation hat sicherlich Verständnis dafür, dass es hier um das große Ganze ging (Löws Reputation) und nicht ums Klein-Klein (Show, Spektakel, Sensation).

Letzteres hätte man durchaus erwarten können, wie ein Blick auf die Aufstellung verriet. In Ermangelung einer klassischen Sturmspitze ließ Löw mit einer Dreierformation, bestehend aus den offensiven Mittelfeldspielern Marco Reus, Mario Götze und Thomas Müller, angreifen, wobei Götze im Zentrum stand.. Es hieß vielsagend, der FC Barcelona mache das ja auch, und das könne also gar nicht falsch sein, aber während Götze im Zentrun Stoßsturm-Mimikry spielte, klappte es insgesamt zwischen dem barcelonesken Trio nicht wie gedacht. Chancen blieben Mangelware.

Holland noch schlechter

Zum Glück für die Deutschen zeigten sich die Holländer auch nicht besonders durchschlagkräftig. Ihr Auftritt war letztlich noch enttäuschender als jener der Deutschen. Warum Bondscoach Louis van Gaal seine Spieler hernach über den grünen Klee lobte, das blieb sein Geheimnis. Sein Mannschaft hatte ja immerhin die Chance verpasst, seit 2002 mal wieder gegen den großen Nachbarn zu gewinnen.

Wenigstens sorgte van Gaal in der Pressekonferenz für ein wenig Unterhaltung (endlich!), als er die Auswechslung von Arjen Robben wie folgt begründete: „Ich wollte dem FC Bayern helfen.“ Der ehemalige Bayerntrainer hatte ein gutes Spiel gesehen, behauptete er, „vielleicht nicht so attraktiv“. Man möchte gar nicht wissen, wie ein schlechtes Spiel bei Herrn van Gaal aussieht.

Besserung gelobt übrigens Joachim Löw. Im nächsten Jahr wird es wieder tollen Offensivfußball geben, versprach er. „Von diesem Konzept gehen wir nicht ab“, sagte er. Schön wäre es ja.

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